Köln: Tausende bei Demo gegen geplantes Versammlungsgesetz

Antifaschist:innen, Fußballfans, Gewerkschafter:innen, Klimaaktivist:innen und Feminist:innen haben in Köln gemeinsam gegen das geplante Versammlungsgesetz der NRW-Landesregierung demonstriert.

Tausende Menschen haben am Samstag in Köln gegen das geplante Versammlungsgesetz in Nordrhein-Westfalen demonstriert. Mit vielfältigem und lautstarkem Protest zogen die mehr als 7.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer in mehreren Blöcken vom Friesenplatz durch die Innenstadt über den Rhein zum Bürgerpark im Stadtteil Kalk. Aufgerufen hatte hierzu das Bündnis „Versammlungsgesetz NRW stoppen! Grundrechte erhalten“, dem 100 Organisationen angehören.

Besonders ins Auge stach die gesellschaftliche Breite der Demonstration: Politiker:innen und Klimaaktivist:innen, migrantische Initiativen, Antifaschist:innen und Antikapitalist:innen, Gewerkschafter:innen, Jurist:innen, Friedensaktivist:innen, Fußballfans und Datenschützer:innen waren gemeinsam auf der Straße, um die Versammlungsfreiheit zu verteidigen. Auf vielen Transparenten, die Teilnehmende hochhielten, standen Sätze wie „Protest verteidigen“, „Klimaschutz ist kein Verbrechen“, „Wo wart ihr in Hanau?“ und „Grundrechte bewahren“. Andere Plakate richteten sich mit der Aussage „Reul leise“ gegen NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU). Es war die mittlerweile dritte Demonstration gegen das von der schwarz-gelben Landesregierung geplante Gesetz. Die beiden ersten Protestmärsche hatten in Düsseldorf ebenfalls tausende Menschen auf die Straßen gebracht.

Darum ging es in Köln: „Protest verteidigen“

Autoritärer und undemokratischer Entwurf

„Versammlungen werden alleinig als polizeilich zu behandelndes Problem verstanden; als Gefahr, der man begegnen muss; nicht als Ausdruck demokratischer Willensbildung“, so Bündnissprecherin Michèle Winkler bei der Auftaktkundgebung. „Das Gesetz wird es insgesamt deutlich erschweren, lautstarken und kämpferischen Protest im öffentlichen Raum zu artikulieren. Aber was soll ein Versammlungsrecht, wenn es nicht nutzbar ist, um deutlich auf Missstände hinzuweisen? Dieser autoritäre, undemokratische Entwurf für ein Landesversammlungsgesetz ist ein strategisches Projekt. Geht das im bevölkerungsreichsten Bundesland so durch, werden weitere Bundesländer folgen“, sagte Winkler.

Weitere Proteste und mögliche Klage

Wann der Landtag über das umstrittene Gesetzesvorhaben von CDU und FDP abstimmt, ist derzeit noch unklar. Der Entwurf sieht unter anderem vor, bei Gegendemonstrationen Störungen und Behinderungen zu verbieten. Es soll außerdem die Videoüberwachung erweitern und erleichtern. Das Bündnis „Versammlungsgesetz NRW stoppen! Grundrechte erhalten“ befürchtet eine massive Aushöhlung der Grundrechte auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit, weil zukünftige Demonstrationen quasi immer als Gefahr angesehen würden. „Deshalb möchten wir erreichen, dass sich der gesellschaftliche Druck auf die Landesregierung noch weiter ausdehnt“, sagte Bündnissprecherin Gizem Koçkaya. Neben weiteren Protesten behalte man sich auch eine Klage gegen das Gesetz vor, kündigte die Aktivistin an.

Der antifaschistische Block

Die Demonstration wurde jedoch durch die Polizei, die von Beginn an massive Präsenz zeigte, behindert. Koçkaya zog Parallelen zur ersten Großdemonstration Ende Juni, bei der es zu unverhältnismäßigem Einsatz von Reizgas und Schlagstöcken kam und mehr als 300 Demonstrierende in der Innenstadt stundenlang eingekesselt worden waren, darunter auch Minderjährige. Innenminister Herbert Reul (CDU) begründete den Einsatz damit, dass es anhaltende Verstöße gegen das Vermummungsverbot sowie gezielte Angriffe auf Beamte gegeben habe. Das Bündnis warf damals anschließend Reul vor, das Parlament „bewusst falsch“ über die Ereignisse auf der Demonstration informiert zu haben. Videos zu einzelnen Zusammenstößen hatten die Aussagen von Reul ohnehin widerlegt.

Massive Polizeipräsenz

Polizei spaltet Teilnehmende der Demo

„Man versucht die Demo zu kriminalisieren, gibt fadenscheinige Gründe an und verhindert so den friedlichen Verlauf der Demo. Wir sehen also erneut, was uns mit dem geplanten Versammlungsgesetz erwartet: nichts als Willkür“, so Gizem Koçkaya. Man sehe, dass die Polizei erneut versuche, die Teilnehmenden zu spalten, indem sie den Antifa-Block einkesselt. „Wir lassen uns das nicht gefallen und solidarisieren uns als komplette Demo mit dem Antifa-Block.“ Zu Beginn der Demonstration war der Zug wegen einem Schild mit der Aufschrift „Reul ist 1 Pimmel“ im Block der Ultras des 1. FC Köln vorübergehend von der Polizei gestoppt worden.

Junges Bündnis

Das Bündnis „Versammlungsgesetz NRW stoppen – Grundrechte erhalten“, dessen Aufruf über 160 Organisationen unterstützen, hat sich im März 2021 gegründet und eine umfangreiche Protestkampagne in Gang gesetzt. So wurden beispielsweise regionale Bündnisse in verschiedenen Städten gegründet, dutzende Informationsveranstaltungen durchgeführt und eine Vielzahl an Kundgebungen und Demonstrationen abgehalten. Das Ziel des Bündnisses ist die komplette Verhinderung des als „autoritär und demokratiefeindlich“ eingestuften Versammlungsgesetzes.

Alle Fotos sind vom Bündnis Versammlungsgesetz NRW stoppen! Grundrechte erhalten!