Irak ruft Botschafter aus Iran zurück

Nach den Raketenangriffen auf Hewlêr hat der Irak seinen Botschafter aus Iran zurückgerufen. Bagdad bestellte auch den iranischen Geschäftsträger ein und will den Fall vor den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen bringen.

Der Irak hat seinen Botschafter aus Iran zurückgerufen. Anlass sind die Angriffe des iranischen Regimes auf Ziele in Hewlêr (Erbil). Das irakische Außenministerium teilte mit, der Beschuss richte sich gegen die Souveränität des Landes und die Sicherheit der Bevölkerung. Das Ministerium bestellte den iranischen Geschäftsträger in Bagdad ein und überreichte ihm eine Protestnote. Außerdem soll der Fall vor den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen gebracht werden.

Iran hatte zuvor bestätigt, dass seine Revolutionsgarde mehrere Ziele im Nachbarland und in Syrien beschossen hatte. In Syrien wurden Orte in der Besatzungszone im Nordwesten des Landes attackiert. In Hewlêr, der Hauptstadt der Kurdistan-Region Irak (KRI), waren Explosionen unweit eines neuen im Bau befindlichen US-Konsulats und am Stützpunkt der von amerikanischen Truppen angeführten Anti-IS-Koalition beim internationalen Flughafen zu hören. Vier Menschen wurden getötet, als ein Haus im Norden der Stadt gleich von mehreren Raketen getroffen wurde.

Bei den Opfern handelt es sich um den Investmentunternehmer Pêşrew Dizayî (CEO von Empire World), seine elf Monate alte Tochter Jina, eine philippinische Hausangestellte sowie einen Gast aus Bagdad. Südkurdistans Behörden hatten zunächst mitgeteilt, dass alle Getöteten der Familie Dizayî angehörten, diese Angaben aber später korrigiert. Sechs weitere Menschen wurden bei den Angriffen auf Hewlêr verletzt, darunter auch Dizayîs Ehefrau. KRI-Ministerpräsident Mesrûr Barzanî (PDK) sprach von einem „Verbrechen gegen das kurdische Volk“.

Die iranische Revolutionsgarde erklärte derweil, die Luftangriffe seien eine Vergeltung für die Tötung eines Kommandeurs im Dezember in Syrien sowie für den IS-Anschlag in der iranischen Stadt Kerman Anfang Januar mit knapp 100 Toten. Die Regierung in Teheran sprach von Selbstverteidigung. Man respektiere die Souveränität und die territoriale Integrität anderer Länder, sagte der Sprecher des Außenministeriums Nasser Kanaani am Dienstag. Zugleich nutze Iran sein legitimes Recht, Bedrohungen der nationalen Sicherheit abzuwehren.

Nach eigener Darstellung war eines der Angriffsziele der Revolutionsgarde in Hewlêr eine Spionagezentrale des israelischen Geheimdienstes Mossad. Der Feind habe sich verrechnet, als er die Islamische Republik ins Visier genommen habe, führte Kanaani mit Blick auf israelische Angriffe gegen die sogenannten Revolutionswächter aus. „Wir versichern unserer Nation, dass die Offensiveinsätze der Garde so lange fortgesetzt werden, bis die letzten Tropfen Märtyrerblut gerächt sind“, hieß es in einer Erklärung der Revolutionsgarde.

International gab es heftige Kritik wegen der Attacken, außerdem wächst die Angst vor einem Flächenbrand in Nahost. Frankreich warf Iran vor, die Souveränität des Iraks verletzt zu haben. „Solche Taten stellen eklatante, inakzeptable und besorgniserregende Verletzungen der Souveränität des Iraks und einen Angriff auf seine Stabilität und Sicherheit sowie die Kurdistans dar“, erklärte das Außenministerium. „Sie tragen zur Eskalation der regionalen Spannungen bei und müssen aufhören.“

Auch die Bundesregierung kritisierte die Bombardierung Hewlêrs. „Wir verurteilen die unverantwortlichen iranischen Raketenangriffe von heute Nacht auf Erbil auf das Schärfste. Sie verletzen die territorialen Integrität Iraks und gefährden die Stabilität der gesamten Region. Unsere Gedanken sind bei den Hinterbliebenen der Opfer“, schrieb das Auswärtige Amt auf der Plattform „X“.