Im Zusammenhang mit dem „Sternmarsch nach Gemlik“ sind in Istanbul zwei Personen verhaftet worden. Es handelt sich um Koray Türkay, Ko-Vorsitzender des HDP-Kreisverbands Kadıköy und Überlebender des IS-Anschlags von Pirsûs (tr. Suruç) vom 20. Juli 2015, sowie den Aktivisten Ismail Temel von der Föderation der sozialistischen Jugendverbände (SGDF). Beiden wird vorgeworfen, gegen das Demonstrationsgesetz verstoßen, Widerstand gegen die Staatsgewalt geleistet und „verbotene Parolen“ gerufen zu haben. Diese hätten unter anderem „Bijî Serok Apo“ und „Zap, Avaşîn, Metîna – Gegrüßt seist du Guerilla“ gelautet. Auf Anordnung der 4. Strafkammer am Amtsgericht Istanbul wurden sie am Montag in ein örtliches Gefängnis überstellt.
Um der Öffentlichkeit und politischen Führung der Türkei aufzuzeigen, dass die Gefängnisinsel Imrali die richtige Adresse für die Lösung der Probleme im Land und Frieden ist, wollten kurdische und linke Parteien sowie zivilgesellschaftliche Organisationen am Sonntag einen Sternmarsch nach Gemlik durchführen. Von der Hafenstadt in der Provinz Bursa verkehren Schiffe zum Inselgefängnis, in dem Abdullah Öcalan mit drei weiteren politischen Geiseln unter strikten Isolationsbedingungen festgehalten wird. Die zentrale Forderung der Demonstration: Ein „demokratischer und zivilisierter Schritt“ von der türkischen Regierung, um „die Mutter aller Probleme“, die kurdische Frage, im Dialog zu lösen und damit gesellschaftlichen Frieden zu erreichen. Unabdingbar dafür sei die Aufhebung der Isolation von Abdullah Öcalan und die Rückkehr an den Verhandlungstisch mit ihm.
Koray Türkay (l.) ist auch bekannt als Aktivist der Klimabewegung, Ismail Temel engagiert sich bei Studierendenprotesten. Beide wurden bereits mehrfach vorübegehend festgenommen.
Die Polizei war landesweit mit Großaufgeboten im Einsatz und verhinderte den Sternmarsch. In Istanbul gingen die Sicherheitskräfte besonders brutal vor, rund siebzig Personen wurden gewaltsam festgenommen, viele beklagten sich über fortgesetzte Misshandlungen auf dem Revier. Nach einer Nacht in Gewahrsam und einem anschließenden Verhör wurden die meisten auf freien Fuß gesetzt, 25 Festgenommene wurden auf Antrag der Staatsanwaltschaft dem Haftrichter vorgeführt und vernommen, darunter auch Türkay und Temel. In 23 Fällen wurden Meldeauflagen als „Präventivmaßnahme“ erteilt. Bis eine gegenteilige Entscheidung vorliegt, müssen sie sich wöchentlich bei der Polizei melden und dürfen das Land nicht verlassen.