Protest gegen Übergriff auf armenische Kirche in Istanbul

Über hundert Jahre nach dem Genozid an den Armenier:innen sind armenische Kirchen in der Türkei weiterhin ein Angriffsziel. In Istanbul ist gegen die Respektlosigkeit einer grölenden Menschenmenge vor der Surp-Takavor-Kirche protestiert worden.

In Istanbul ist gegen die Respektlosigkeit gegenüber der armenischen Surp-Takavor-Kirche protestiert worden. Am Sonntag hatte sich eine Menschenmenge vor der Kirche in Kadiköy versammelt, drei Personen waren auf das Eingangstor geklettert, um dort unter grölendem Beifall zu tanzen. Ein Video der Szene war im Internet verbreitet worden.

Die „Demokratie-Kräfte Kadiköy“ haben aus diesem Anlass am Mittwoch eine Kundgebung auf dem Khalkedon-Platz abgehalten. Während die Aktion am Sonntag ungehindert ablief, fand die Protestkundgebung im Polizeikessel statt. Die Aktivist:innen hielten ein Transparent mit der Aufschrift „Wir lassen Angriffe auf unsere Werte in Kadiköy nicht zu“ und riefen: „Es lebe die Geschwisterlichkeit der Völker, wir lassen die Finsternis nicht durch!“

Koray Türkay von den Demokratie-Kräften sagte in einem Redebeitrag, dass Kadiköy ein multikultureller und multilingualer Ort sei, an dem Wert auf gegenseitigen Respekt gelegt werde. Die Regierung setze für den eigenen Machterhalt auf eine gesellschaftliche Polarisierung und Feindseligkeit zwischen den Völkern. „Gegen diese Politik der Ausgrenzung und Hetze werden wir weiter ein multikulturelles Zusammenleben verteidigen. Wir wissen, dass hier ein einziger Mann, eine einzige Religion und eine einzige Sprache nicht ausreichen. In der Geschichte haben hier viele Kulturen, Religionsgemeinschaften und Sprachen gelebt. Wir sind heute hier, um diese geschichtliche Tatsache gegen die versuchte Auslöschung der Vergangenheit zu verteidigen. Wir verurteilen die Respektlosigkeit gegenüber der Surp-Takavor-Kirche und treten für ein multikulturelles Leben ein.“

In einer weiteren Ansprache im Namen der Demokratie-Kräfte Kadiköy wies Rahim Noz darauf hin, dass der auf der asiatischen Seite Istanbuls liegende Stadtbezirk seit Hunderten Jahren ein Beispiel für ein friedliches Zusammenleben verschiedener Glaubensgemeinschaften sei. Die Provokation vom 11. Juli sei eine Fortsetzung verschiedener Angriffe seit 2013 und habe in einer Atmosphäre stattgefunden, die durch die Untätigkeit der Sicherheitskräfte entstanden sei. Darüber hinaus habe sich der hässliche Vorfall ausgerechnet an dem Tag ereignet, an dem das armenische Fest Wardawar gefeiert wird.

Noz betonte, dass der Vorfall nicht einfach so entstanden ist. Auf dem Platz ist die Polizei ununterbrochen präsent und bei oppositionellen Kundgebungen kommt es sofort zu Festnahmen, sagte Noz. Der Vorfall am Sonntag habe hingegen stundenlang angedauert. „Die Menschen in Kadiköy werden das geschwisterliche und gleichberechtigte Zusammenleben der Völker weiter verteidigen. Gegen die polarisierende Regierungspolitik werden wir beharrlich weiter die Lieder von Frieden, Gleichheit und Geschwisterlichkeit singen“, so Rahim Noz.