Grußwort von Mehmet Çakas am Tag der politischen Gefangenen in Hannover

Auf einer internationalistischen Bündnisdemonstration am Tag der politischen Gefangenen in Hannover wurde ein Grußwort des kurdischen Aktivisten Mehmet Çakas verlesen. Bei der Abschlusskundgebung kam es zu einem Polizeiübergriff.

Internationalistische Bündnisdemonstration

Am Hauptbahnhof in Hannover kamen am Montag rund 300 Menschen zum Tag der politischen Gefangenen zu einer Demonstration zusammen. Aufgerufen hatte das internationalistische Bündnis 18. März. Die Demonstrant:innen forderten die Freiheit aller politischen Gefangenen. In Redebeiträgen wurde der Kampf von Frauen hervorgehoben und auf den Jin-Jiyan-Azadî-Aufstand in Kurdistan und im Iran hingewiesen. Auch wurde die Freilassung von Abdullah Öcalan gefordert und auf die im vergangenen Oktober gestartete Kampagne für eine Lösung der kurdischen Frage aufmerksam gemacht. Neben weiteren Erklärungen zur Situation politischer Gefangener im Iran, in der Türkei, in Deutschland und anderen Teilen der Welt wurde auch eine Grußbotschaft von Mehmet Çakas verlesen. Der kurdische Aktivist steht seit September 2023 wegen vermeintlicher PKK-Mitgliedschaft in Celle vor Gericht und befindet sich in Hannover in Untersuchungshaft. Ihm wird vorgeworfen, sich im Zeitraum 2018 bis 2021 in Deutschland mitgliedschaftlich für die PKK betätigt zu haben. Individuelle Straftaten werden ihm nicht vorgeworfen.

Grußbotschaft von Mehmet Çakas

In der verlesenen Botschaft begrüßte Mehmet Çakas die Demonstrant:innen und erklärte: „Wie wir alle wissen, werden Kurd:innen, Alevit:innen, Sozialist:innen, Journalist:innen und alle demokratischen Menschen und Organisationen, die sich dem repressiven und religiösen Erdoğan-Regime in Nordkurdistan und der Türkei widersetzen, unterdrückt, verhaftet und zu langen Gefängnisstrafen verurteilt. In der Vergangenheit wurden diese Repressionen mit unterschiedlichen Begründungen gerechtfertigt. Heute werden grundsätzlich alle Widerstand leistenden Menschen und Oppositionellen als Terroristen beschuldigt und vor Gericht gestellt. Unter dem Begriff der Terrorismusbekämpfung werden für gesellschaftliche Freiheit kämpfende Menschen nicht nur angeklagt, sondern auch diffamiert, gedemütigt und ausgegrenzt. Der Grund dafür ist, dass repressive Regime die Verbreitung demokratischer Ideen und Organisationen in der Gesellschaft fürchten.

In Europa im Allgemeinen und in Deutschland im Besonderen nimmt diese repressive und sicherheitsorientierte Entwicklung zu. Das Erstarken rechtsextremer und faschistischer Organisationen und ihre schrittweise Machtübernahme wird Demokratie und Freiheitsrechte weiter aushöhlen. Während wir in der Vergangenheit immer wieder gefordert haben, dass der deutsche Staat und die EU-Institutionen Druck auf den türkischen Staat ausüben und demokratische Werte verteidigen, sieht die Situation für die EU und ihre Mitgliedsstaaten derzeit nicht rosig aus. Wenn wirtschaftspolitische Interessen und deren Sicherung bedroht sind, zeigen sich repressive und antidemokratische Realitäten. Der schwedische Staat, der jahrelang den türkischen Staat aufgefordert hat, sein Antiterrorgesetz zugunsten demokratischer Werte und Freiheiten zu ändern, hat unter dem Druck und der Forderung von Erdoğans Türkei sein eigenes Antiterrorgesetz auf Kosten demokratischer Werte und Freiheiten ausgeweitet. Das ist eine sehr schwerwiegende Entwicklung. Man stelle sich nur vor, was passiert wäre, wenn die Ukraine ein Nachbar Schwedens wäre! Wer weiß, welche Entscheidungen dann getroffen werden würden.

Deshalb ist der Kampf für Demokratie und Freiheit in Europa dringender und wichtiger denn je. Und dies kann nur durch Zusammenarbeit, Solidarität und durch das Bündnis unserer Kräfte gelingen. Auf dieser Grundlage halte ich Eure Kundgebung für wertvoll und sage als kurdischer Sozialist und politischer Gefangener: Wir werden ohne Zweifel Widerstand leisten und auf jeden Fall siegen. Ich grüße Euch alle mit Respekt. Newroz pîroz be!“

„Schreibt den politischen Gefangenen“

Eine internationalistische Aktivistin sagte: „In einer Zeit, in der staatlich geförderte politische Geiselhaft zur Regel wird, müssen wir uns um unsere Gefangene herum organisieren und die Kämpfe international verbinden. Deshalb wünschen wir uns, dass den politischen Gefangenen Postkarten und Briefe geschrieben werden. Schreibt gerne auch an unseren Freund Mehmet. Er spricht Kurmancî, Kirmanckî, Türkisch und ein wenig Deutsch. Seine Anschrift lautet: Mehmet Çakas, Schulenburger Landstraße 145, 30165 Hannover."

Polizeiübergriff bei der Abschlusskundgebung

An der Lutherkirche in der Nordstadt sollte die Demonstration beendet werden mit einem kulturellen Beitrag und einem Solidaritätsfoto für politische Gefangene in Mexiko. Auf der Abschlusskundgebung griff die Polizei, die mit einem Großaufgebot im Einsatz war und die Demonstration mit Reiter- und Hundestaffel begleitete, einzelne Teilnehmende an. Mehrere Frauen wurden etwa 30 Minuten lang eingekesselt, eine junge Internationalistin wurde zeitweilig in Gewahrsam genommen und wieder freigelassen. Danach konnte die Demonstration friedlich beendet werden.