Gericht: Verbot von Öcalan-Bildnissen in einer Versammlung rechtmäßig

Bilder von Abdullah Öcalan dürfen bei einer Versammlung grundsätzlich nicht gezeigt werden. Das hat das OVG NRW entschieden und damit die Berufung von Klagenden gegen eine Entscheidung des VG Düsseldorf abgewiesen.

Das Zeigen von Bildnissen des Begründers der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), Abdullah Öcalan, bei Demonstrationen ist laut einem Urteil des Oberverwaltungsgerichtes Nordrhein-Westfalen (OVG) in jedem Fall verboten. Bilder mit dem Konterfei des in der Türkei inhaftierten Vordenkers der kurdischen Befreiungsbewegung seien Kennzeichen der PKK und „unterliegen damit dem sogenannten Kennzeichenverbot im Sinne des Vereinsgesetzes“, erklärte das Gericht anlässlich der Urteilsverkündung am Montag in Münster. Damit bestätigte es eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Düsseldorf (Az.: 15 A 1270/20, I. Instanz VG Düsseldorf 18 K 17619/17).

Ausgangspunkt des Rechtsstreits war den Angaben zufolge eine Demonstration im November 2017 in Düsseldorf. Für die Versammlung, die zum Thema „NO PASARAN. Kein Fußbreit dem Faschismus. Schluss mit den Verboten kurdischer und demokratischer Organisationen aus der Türkei. Freiheit für Abdullah Öcalan und allen politischen Gefangenen“ stattfand, hatte die Polizei unter anderem die Auflage erlassen, dass Teilnehmende keine Flaggen, Abzeichen, Transparente oder andere Gegenstände mit dem Abbild Öcalans öffentlich zeigen dürfen. Dagegen hatten die Veranstaltenden erfolglos vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf geklagt und legten daraufhin Berufung ein.

Das Oberverwaltungsgericht bestätigte nun die Rechtmäßigkeit der angegriffenen Polizei-Auflage – sie hätte der „Verhinderung von Straftaten“ gedient, da die Verwendung von Kennzeichen eines verbotenen Vereins bei einer Versammlung strafbar sei. Kennzeichen im Sinne des Vereinsgesetzes könnten nicht nur Fahnen, Abzeichen oder Uniformstücke sein, sondern auch Bilder von Personen. Entscheidend sei, ob ein Verein damit auf sich und seine Zwecke hinweise.

Abdullah Öcalan führte von der Gründung der PKK 1978 bis zu seiner völkerrechtswidrigen Verschleppung aus Kenias Hauptstadt Nairobi auf die türkische Gefängnisinsel Imrali am 15. Februar 1999 den kurdischen Befreiungskampf an. Er gilt nach wie vor als führender Stratege und wichtigster politischer Repräsentant der kurdischen Freiheitsbewegung. Seine in Isolationshaft verfassten Gefängnisschriften, in denen er den Paradigmenwechsel der PKK von einer nationalen Befreiungspartei hin zu einer radikaldemokratischen, multiethnischen und politisch offenen Basisbewegung für den gesamten Mittleren Osten anstieß und die politische Philosophie des Demokratischen Konföderalismus begründete, haben seit 1999 weltweit große Beachtung gefunden. Mehrfach initiierte Öcalan einseitige Waffenstillstände der Guerilla und lieferte konstruktive Vorschläge für eine demokratische und politische Lösung der kurdischen Frage. Der letzte Dialog staatlicher Stellen mit ihm wurde 2015 einseitig von der türkischen Regierung beendet. Er wird seit Jahren vollständig von seiner Außenwelt abgeschottet.


Die OVG-Richter begründeten ihre Entscheidung mit einem Duktus, der an türkische Staatsanwälte erinnert. Die Verwendung der Abbilder von Personen „vor allem bei nach dem Führerprinzip organisierten Vereinigungen (…), bei denen die Verehrung der Führerpersönlichkeit wesentliche Bedeutung für den inneren Zusammenhalt und die Außendarstellung der Vereinigung hat“, sei ein „Beitrag zur Erhaltung des Bestands einer Vereinigung, zudem Mitgliederwerbung und Selbstdarstellung“. Ein solcher „Personenkult“ bestehe in der PKK um Öcalan, „indem die PKK ihn für sich und ihre Ziele nach wie vor als Führerpersönlichkeit und Identifikationsperson in den Vordergrund stellt. Hierzu nutzt die PKK nicht nur Bildnisse Öcalans in militärischer Pose, sondern auch Abbildungen unterschiedlichster Art, die Öcalan u. a. als väterlichen, fürsorglichen und friedliebenden Anführer darstellen sollen.“

Im März 2017 hatte der damalige Bundesinnenminister Thomas de Maizière in einem Rundschreiben an die Landesinnenministerien und Sicherheitsbehörden die Ausweitung der Verbote von Symbolen kurdischer Organisationen festgelegt. Hierunter fallen seither auch Kennzeichen der syrisch-kurdischen Partei PYD sowie der Volks- und Frauenverteidigungseinheiten YPG/YPJ, die schlichtweg allesamt der PKK zugeordnet wurden und unter das im November 1993 erlassene Betätigungsverbot der PKK fallen. Das Bundesinnenministerium rechtfertigte die Erweiterung der Kennzeichenverbote damit, dass sich die PKK ihrer bedienen würde, da die „eigenen“ Symbole nicht erlaubt sind. Im Januar 2018 -nur eine Woche nach Beginn des Angriffskrieges der Türkei und ihrer dschihadistischen Hilfstruppen gegen den damals noch selbstverwalteten Kanton Efrîn in Rojava- wurde in einem weiteren Rundschreiben des Bundesinnenministeriums zudem das Zeigen jeglicher Bildnisse von Abdullah Öcalan als verboten hinzugefügt; es sei denn, Veranstaltungen beschränken sich thematisch einzig auf dessen Haftbedingungen oder den Gesundheitszustand.


Weiter erklärte das Gericht, dass die Verwendung von Bildern Öcalans im zu entscheidenden Fall auch nicht ausnahmsweise erlaubt gewesen sei. Zwar könne „die Verwendung eines verbotenen Kennzeichens ausnahmsweise zulässig sein, wenn sein Gebrauch dem Zweck des Kennzeichenverbots - der effektiven Durchsetzung des Vereinsverbots - eindeutig nicht zuwiderläuft“. Diese Feststellung habe man für die angemeldete Versammlung und der in ihrem Kontext zu erwartenden Verwendung von Abbildern Öcalans jedoch nicht treffen können.

Eine Revision gegen die Entscheidung ließ das OVG laut der Mitteilung nicht zu. Hiergegen können die Klagenden noch Beschwerde einlegen, über die das Bundesverwaltungsgericht entscheidet.