Protest gegen Isolation wegen Verbot von Öcalan-Bildern aufgelöst

Eine in Berlin geplante Demonstration gegen die Isolation auf Imrali ist kurz vor Beginn wieder abgesagt worden. Grund ist eine versammlungsrechtliche Auflage der Berliner Polizei, mit der das Zeigen des Bildnisses von Abdullah Öcalan untersagt wurde.

Eine für Samstagnachmittag in Berlin geplante Demonstration gegen die Haftbedingungen Abdullah Öcalans ist von den Veranstalter:innen kurz vor Beginn wieder abgesagt worden. Grund dafür ist eine versammlungsrechtliche Auflage der Berliner Polizei, mit der das Zeigen des Bildnisses des kurdischen Vordenkers untersagt worden ist. „Wir haben uns entschieden, auf diese willkürliche Repression mit einer Auflösung der Demonstration zu antworten“, erklärte Erhan Firat, Ko-Vorsitzender des Vereins Freie kurdische Gemeinde Berlin e.V. Die Anwesenden, darunter Aktivistinnen des Frauenrats Dest-Dan und internationalistische Unterstützende, befürworteten die Entscheidung des Organisationskomitees und skandierten „Bijî Serok Apo“.

Berliner Verein kritisiert „antikurdische Mentalität“

„Es spricht für die antikurdische Mentalität gewisser Behörden, dass das Zeigen des Konterfeis von Öcalan selbst dann untersagt wird, wenn es ‚sozialadäquat‘ ist, wie es im Behördenjargon heißt“, kritisierte Firat. Das ist beispielsweise bei einer Mahnwache der Fall, die ohne jeden Zusammenhang zu PKK-nahen Aktivitäten allein die persönliche Situation der politischen Geisel Abdullah Öcalan zum Gegenstand der öffentlichen Meinungsbildung machen will. „Genau das war mit unserer Demonstration, die das Motto „Azadî ji bo Öcalan“ – also Freiheit für Öcalan tragen sollte, unsere Absicht. Es gibt diverse Gerichtsurteile, wonach das Zeigen von Öcalan-Bildern im Zusammenhang mit seinen Haftbedingungen nicht verboten ist. Doch die Polizei unterstellt uns, die Bildnisse deshalb zeigen zu wollen, weil wir ein allgemeinpolitisches Anliegen verfolgen würden und es uns gar nicht um die persönliche Situation von Öcalan gehe. Das ist mit Blick auf die Sorgen unserer Gesellschaft angesichts seiner Haftbedingungen mehr als Unsinn.“ Nav-Berlin behält sich vor, juristische Schritte zu prüfen.


Kurdische Gesellschaft in Sorge um Öcalan

Schon seit Monaten finden in Deutschland und anderen europäischen Ländern wieder täglich Proteste der kurdischen Community statt. Unzählige Menschen fordern Klarheit über die Situation von Abdullah Öcalan, dem seit 1999 auf der türkischen Gefängnisinsel Imrali inhaftierten PKK-Begründer. Anlass für die Proteste ist die völlige Funkstille um den 73-Jährigen und die Forderung an das Antifolterkomitee des Europarats (CPT), Kontakt zu ihm und seinen Mitgefangenen zu gewährleisten. Seit fast zwei Jahren darf Öcalan weder seine Angehörigen empfangen noch seinen Rechtsbeistand konsultieren. Das letzte Lebenszeichen von ihm war ein aus unbekannten Gründen unterbrochenes Telefongespräch mit seinem Bruder Mehmet Öcalan im März 2021. Seitdem das Rechtsbüro Asrin, das Öcalan und die drei anderen Imrali-Gefangenen juristisch vertritt, Ende November erklärt hat, dass das CPT bei seinem letzten Türkei-Besuch im September keinen persönlichen Kontakt zu Öcalan hatte, hat sich die Sorge um das Leben und die Sicherheit des Ideengebers verstärkt. Die kurdische Gesellschaft fordert Aufklärung über den Besuch des CPT auf Imrali und Informationen über den Zustand der Gefangenen.