OVG Münster: Begrenzung von Öcalan-Fahnen rechtswidrig

Die zahlenmäßige Begrenzung von Fahnen mit dem Konterfei Abdullah Öcalan bei Demonstrationen für die Freiheit des inhaftierten PKK-Gründers ist rechtswidrig. Das hat das Oberverwaltungsgericht Münster entschieden.

Die zahlenmäßige Begrenzung von Fahnen mit dem Konterfei Abdullah Öcalan bei Demonstrationen für die Freiheit des seit über 21 Jahren in der Türkei inhaftierten PKK-Gründers ist rechtswidrig. Das hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster entschieden. Der Beschluss ist unanfechtbar (Az.: 15 B 1528/20 – 20 L 1814/20 Köln).

Gegenstand der Beschwerde waren die polizeilichen Auflagen gegenüber einer Demonstration am gestrigen Samstag in Köln anlässlich des bundesweiten Aktionstages, zu dem der kurdische Dachverband KON-MED unter dem Motto „Rise up against Isolation“ für den 10. Oktober aufgerufen hatte. In zahlreichen Städten wurden Demonstrationen und Aktionen angemeldet, so auch in Köln mit dem Versammlungsthema „Schluss mit den Isolationshaftbedingungen auf Imrali! Die Zeit ist reif – Freiheit für Abdullah Öcalan“. Seit der Ausweitung der Verbote durch das Bundesinnenministerium von 2017 und 2018 auf nahezu alle Symbole kurdischer Organisationen, steht insbesondere das Abbild von Abdullah Öcalan im Fokus der Behörden.

Wie der Kölner Rechtshilfefonds für Kurdinnen und Kurden in Deutschland AZADÎ e.V. am Sonntag mitteilte, nahm in der versammlungsbehördlichen Verfügung des Kölner Polizeipräsidiums der Punkt „Konterfei des Abdullah Öcalan“ breiten Raum ein. So hätten während der Versammlung bei bis zu 100 Demonstrierenden „höchstens bis zu drei, bei 100 bis 1000 Versammlungsteilnehmern maximal zehn Flaggen, Abzeichen, Transparente, Plakate oder sonstige Gegenstände mit dem Konterfei des Abdullah Öcalan“ gezeigt werden dürfen. Und dies auch nur, wenn es sich um das im Kooperationsgespräch vereinbarte Abbild „auf neutralem Grund“ handele.

Verwendung von Öcalan-Fahnen aus „sozialadäquaten Zwecken“ erlaubt

„Gegen diese Beschränkungen wurde Beschwerde beim Verwaltungsgericht Köln eingelegt. Gegen dessen Entscheidung wiederum beschwerte sich die Versammlungsbehörde, so dass das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster über die Sache zu entscheiden hatte”, so AZADÎ e.V. Nach Angaben des Rechtshilfefonds fasste das Gericht am Freitag den Beschluss, die Einwendungen der Behörde zurückzuweisen. Danach zeige sich die zahlenmäßige Begrenzung der Fahnen mit dem Öcalan-Bild als „voraussichtlich rechtswidrig“, weil bei derartigen Maßnahmen die Gewährleistung der Meinungsfreiheit aus Artikel 5 Grundgesetz besonders zu berücksichtigt sei. Die Verwendung des Bildnisses von Abdullah Öcalan sei nicht als strafbar anzusehen und nach § 20 Abs. 1 Satz 2 bzw. § 9 Abs. 1 Satz 2 Vereinsgesetz aus „sozialadäquaten Zwecken“ erlaubt.

Demonstration auf Haftbedingungen „des Menschen Öcalan“ ausgerichtet

Ziele eine Versammlung allein darauf ab, die persönliche Situation des Gefangenen Öcalan einer Öffentlichkeit nahezubringen und gebe es keinen Zusammenhang mit PKK-nahen Aktivitäten, könne nicht in jedem Fall verboten werden, Bilder seiner Person zu zeigen. Schließlich sei das Versammlungsthema der Kölner Demonstration auf die Haftbedingungen „des Menschen Öcalan“ ausgerichtet gewesen und das Foto Öcalans habe „keine PKK-Symbolik oder Darstellungstypik“ aufgewiesen, die dessen Bedeutung darstelle. Sollen die Haftbedingungen von Abdullah Öcalan zentrales Motto der Demonstration sein, müsse für die Teilnehmenden „auch die Möglichkeit bestehen, mittels Fahnen, Transparenten, Schildern etc. auf diese Person aufmerksam zu machen“.

Polizei besorgt vor dem „Regelfall“

Daran ändere auch der Vortrag des Antragsgegners nichts, dass eine ausnahmsweise Gestattung „zum Regelfall werde“, weil das grundsätzliche Verbot des Öcalan-Abbildes „regelmäßig durch entsprechende Anpassung des Versammlungsthemas“ umgangen werde. Das OVG habe hierzu festgestellt, dass die Behörde zu dieser Behauptung konkrete Anhaltspunkte schuldig bleibe. Deshalb gehe auch der Einwand fehl, dass „die Auswirkungen des Vereinsverbots durch die Wahrnehmung der Versammlungsfreiheit vollständig verdrängt“ würden. Auch den Einwand der Versammlungsbehörde, dass in der Vergangenheit mehrfach Auflagen zur Begrenzung der Zahl der Bilder erlassen worden und geeignet gewesen seien, ließ das Oberverwaltungsgericht nicht gelten.