Rechtsanwalt Aytaç Ünsal kommt frei!

Der seit 214 Tagen mit der Forderung nach einem fairen Prozess hungerstreikende Rechtsanwalt Aytaç Ünsal kommt vorläufig frei. Der türkische Kassationshof hat eine Beschwerde gegen seine Inhaftierung angenommen.

Der im Februar in den Hungerstreik getretene Rechtsanwalt Aytaç Ünsal kommt vorläufig frei. Das türkische Kassationsgericht hat eine Beschwerde gegen die Inhaftierung des Juristen, der seit 214 Tagen mit der Forderung nach einem fairen Prozess im Hungerstreik ist, angenommen und seine vorzeitige Entlassung angeordnet. Das teilte die Anwaltskanzlei „Rechtsbüro des Volkes“ (türk. Halkın Hukuk Bürosu, HHB) am Donnerstag bei Twitter mit.

Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass für Ünsal ein konkretes Risiko besteht, Schaden an Leib und Leben zu nehmen. Seine Kolleg*innen vom HHB haben den 32-Jährigen inzwischen vom staatlichen Krankenhaus Kanuni Sultan Süleyman im Istanbuler Bezirk Küçükçekmece, in dem Ünsal seit Ende Juli zwangsweise untergebracht war, empfangen. Nach einem Aufenthalt in seiner Kanzlei soll er in eine private Klinik gebracht werden.

Dass der Antrag auf eine Haftentlassung im Fall Ünsal positiv beschieden wurde, kam überraschend. Neun zuvor eingereichte Beschwerden hatte die 16. Kammer am Kassationsgericht in Ankara abgewiesen. Ob das Revisionsverfahren für die Neuprüfung des Urteils von zehneinhalb Jahren Haft gegen den Anwalt damit beendet oder noch anhängig ist, war zunächst unklar.

Ünsal war im Februar gemeinsam mit weiteren inhaftierten Kolleg*innen für ein faires Verfahren in den Hungerstreik getreten. Am 5. April – dem „Tag des Anwalts” – hatte er die Aktion gemeinsam mit Ebru Timtik, die kürzlich an den Folgen eines 238-tägigen Nahrungsentzugs in Istanbul verstorben ist, in ein „Todesfasten“ umgewandelt. Beide wurden aufgrund von widersprüchlichen Aussagen eines Kronzeugen zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Die Aussagen des Überläufers Berk Ercan haben zur Verhaftung von knapp 200 Menschen in der Türkei geführt. Unter ihnen waren auch mehrere Mitglieder der Musikgruppe Grup Yorum und Mustafa Koçak, der zu lebenslanger Haft verurteilt worden war und am 24. April nach 297 Tagen Hungerstreik verstarb. Sie alle wurden im Komplex der Verfahren gegen vermeintliche Angehörige der DHKP-C nach Terrorparagrafen verurteilt.

Aktualisiert um 21.47 Uhr