Das Erdoğan-Regime treibt seinen Wahlkampf mit rassistischer Hetze und nationalistischer Mobilmachung auch in Europa voran. Das hat unter anderem die Wahlkampfveranstaltung des AKP-Abgeordneten Mustafa Açıkgöz am 13. Januar 2023 in der rechtsextremen Yunus-Emre-Moschee in Neuss gezeigt. Der türkische Abgeordnete hatte dort offen zur Vernichtung von „PKK-Anhängern“ und Mitgliedern der Gülen-Sekte aufgerufen. Die Bundestagsabgeordnete Gökay Akbulut (DIE LINKE) befragte die Bundesregierung nach den Konsequenzen aus dem Skandal in Hinblick auf die Genehmigung von Wahlkampfveranstaltungen der AKP und MHP in Deutschland.
Bundesregierung weicht Frage nach Genehmigung aus
Die Bundesregierung antwortet ausweichend und unterstreicht – unter Hinweis darauf, dass „für Hassreden und Hetze in Deutschland kein Platz“ sei –, dass die Veranstaltungen von ausländischen Mandatsträgern einer Genehmigungspflicht unterlägen. Diese Genehmigung der Bundesregierung sei mindestens zehn Tage vor der Veranstaltung zu beantragen. Damit wich die Bundesregierung der Frage nach Genehmigung weiterer Veranstaltungen des AKP/MHP-Regimes in Deutschland aus. Offenbar gehen die Veranstaltungen von Vertretern des Regimes weiter. So trat zuletzt am 20. Januar der AKP-Agrarminister Vahit Kirişci in Berlin im Wahlkampf auf. Ob mit oder ohne Genehmigung, ist noch nicht bekannt.
Akbulut: „Das Außenministerium muss klare Grenzen setzen“
Akbulut sieht in der Einbestellung des türkischen Botschafters nach den skandalösen Äußerungen in Neuss und den „deutlichen Worten“, dass sich so etwas nicht wiederholen dürfe, zwar ein erfreuliches Zeichen, warnt jedoch: „Nach wie vor ist aber unklar, welche Konsequenzen folgen sollen, wenn die türkische Seite sich trotzdem nicht an diese Regeln hält. Wie durch den jüngsten Wahlkampfauftritt des türkischen Agrarministers in Berlin deutlich wurde, scheint sich die türkische Regierung für die mahnenden Worte aus Berlin nicht sonderlich zu interessieren. Hier muss das Außenministerium daher klare Grenzen setzen.“
Bundesregierung weist Islamverbände auf Genehmigungspflicht hin
Die Bundesregierung hat laut ihrer Antwort außerdem die im „Koordinierungsrat der Muslime in Deutschland“ (KRM) vertretenen Verbände auf die Genehmigungspflicht solcher Veranstaltungen hingewiesen. Im KRM ist unter anderem der Ableger der Religionsbehörde des AKP/MHP-Regimes DITIB und der von Muslimbruderschaft dominierte Zentralrat der Muslime (ZMD) organisiert. Gleichzeitig beobachteten Polizei und Geheimdienst entsprechende „extremistische Bestrebungen“ wie die der Grauen Wölfe. Während kurdische Organisationen mit Repression überzogen werden, ist davon allerdings bei türkischen Rechtsextremisten wenig zu spüren. Offen rechtsextreme Vereine wie die den Grauen Wölfen zugerechneten „Alperen Ocakları“ erhalten in Bundesländern wie Berlin sogar eine Gemeinnützigkeit.
Akbulut: „Informationen von Oppositionellen an Türkei weitergeleitet“
Entsprechend schal klingt auch die Behauptung der Bundesregierung, die „Sicherheit der in Deutschland lebenden Oppositionellen“ habe für sie „einen besonderen Stellenwert“. Sie beobachte die mögliche Gefährdung Oppositioneller aus der Türkei in Deutschland genau, so die Bundesregierung. Akbulut kommentiert: „Und wenn die Bundesregierung sich tatsächlich um die Sicherheit von in Deutschland lebenden Oppositionellen sorgt, wie sie behauptet, dann sollte sie umgehend all jenen Informationsaustausch mit der Türkei einstellen, die eben diese Oppositionellen gefährdet. Denn nach eigenen Angaben sammelt die Bundesregierung Informationen zu kurdischen Vereinen beim Verfassungsschutz und Bundeskriminalamt (BKA) und teilt diese auch mit dem türkischen Geheimdienst. Das ist absolut verantwortungslos. Zugleich leitet die Bundesregierung regelmäßig Informationen zu allen strafrechtlichen Verurteilungen von türkischen Staatsbürgern in die Türkei weiter. Auch das kann für die Betroffenen bei Reisen in die Türkei gefährlich werden, wenn es sich um Taten handelt, die mit oppositionellen Versammlungen oder Vereinsaktivitäten in Verbindung gebracht werden können. Angesichts der innenpolitischen Verhältnisse in der Türkei muss diese Form der justiziellen Zusammenarbeit bis auf weiteres ausgesetzt werden.“