Abschied von den Gefallenen von Paris

In Paris hat die Trauerfeier für Evîn Goyî, Mîr Perwer und Abdurrahman Kızıl stattgefunden. Tausende Menschen nahmen Abschied von den bei einem gezielten Anschlag ermordeten Kurd:innen.

Im Pariser Vorort Villiers-le-Bel hat die Trauerfeier für Evîn Goyî, Mîr Perwer und Abdurrahman Kızıl stattgefunden. Evîn Goyî, die mit bürgerlichem Namen Emine Kara hieß und Exekutivratsmitglied der KCK (Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans) war, wurde am 23. Dezember zusammen mit dem kurdischen Musiker Mîr Perwer (Mehmet Şirin Aydın) und dem langjährigen Aktivisten Abdurrahman Kızıl bei dem Anschlag auf das Kulturzentrum „Ahmet Kaya“ in Paris erschossen. Ihre Leichen wurden mit einem Autokonvoi aus der Gerichtsmedizin zum Veranstaltungssaal gebracht.

Im Palace de Villiers waren bereits am frühen Vormittag Tausende Menschen eingetroffen. Im Saal wurden Kränze im Namen von Abdullah Öcalan und kurdischen Organisationen wie PKK, PJAK, KJK, KCK, TJK-E, KCDK-E und der Kulturbewegung TEV-ÇAND aufgestellt.

Bei der Trauerfeier wurden zahlreiche Reden gehalten. Die Ko-Vorsitzenden des Demokratischen Kurdischen Rats in Frankreich (CDK-F), Xane Akdoğan und Abdullah Ülmez, riefen dazu auf, für die Aufklärung des Anschlags zu kämpfen. „Kurdische Frauen sind für Herrschaftsregime ein Albtraum. Deshalb werden Kurdinnen und ihr Kampf angegriffen. Der Slogan Jin-Jiyan-Azadî, der von Frauen wie Evîn Goyî erschaffen wurde, ist inzwischen jedoch von Frauen auf der ganzen Welt übernommen worden. Evîn hat den IS besiegt und wir werden den Erdogan-Faschismus beenden“, sagte Xane Akdoğan.

Ein weiterer Redner war der Bürgermeister von Sarcelles, Patrick Haddad. Er betonte, dass der Anschlag ganz Paris schockiert habe. Er sei solidarisch mit den in Europa lebenden Kurdinnen und Kurden und teile ihren Schmerz.

Remzi Kartal, Ko-Vorsitzender von Kongra Gel, ging in seiner Rede auf das Attentat vom 9. Januar 2013 ein, bei dem die kurdischen Revolutionärinnen Sakine Cansız (Sara), Fidan Doğan (Rojbîn) und Leyla Şaylemez (Ronahî) von einem türkischen Auftragsmörder erschossen wurden. Abdullah Öcalan habe damals gesagt: „Wir werden sie rächen, indem wir den Faschismus zerschlagen.“ Der türkische Staat führe eine Völkermordpolitik gegen die Kurdinnen und Kurden und setze dabei alle Mittel ein. „Der Widerstand unseres Volkes führt jedoch alle Angriffe ins Leere“, so der kurdische Politiker.

Kartal rief die französische Regierung zur Aufklärung beider Massaker auf und sagte: „Innerhalb von zehn Jahren sind zweimal führende Persönlichkeiten unseres Freiheitskampfes in diesem Land ermordet worden. Warum werden Frauen, die die Frauen weltweit anführen, in Paris ermordet? Wir versprechen unseren Gefallenen, dass wir den Kampf für ein freies Kurdistan und freie Frauen ausweiten werden. Sooft wir auch getötet werden, wir werden nicht in die Knie gehen und uns nicht beugen.“

Die ehemalige HDP-Abgeordnete Besime Konca erklärte im Namen der Kurdischen Frauenbewegung in Europa (TJK-E): „Wir kennen den Feind, der Sakine Cansız, Fidan Doğan, Leyla Şaylemez, Jiyan Tolhildan, Evîn Goyî, Hevrîn Xelef, Garibe Gezer, Nagihan Akarsel, Deniz Poyraz und Jina Amini ermordet hat. An ihren Mördern werden wir uns rächen, indem wir den Frauenkonföderalismus aufbauen und das weltweite Jin-Jiyan-Azadî-Bündnis vergrößern.“

Für die Kulturbewegung TEV-ÇAND sprach der Musiker Xelîl Xemgîn. Tara Hisên, Ko-Vorsitzende von Tevgera Azadî aus Başûr (Südkurdistan), sagte in einer Rede: „Der türkische Staat bombardiert die kurdischen Berge jeden Tag mit Chemiewaffen, dagegen muss die Welt endlich etwas sagen. Unsere ermordeten Freundinnen und Freunde haben für den Weltfrieden gekämpft. Der türkische Staat greift die Vorreiter des kurdischen Volkes an, weil er sich vor freien Kurdinnen und Kurden fürchtet.“

In weiteren Reden brachten Menschen aus Frankreich ihre Solidarität mit dem kurdischen Volk zum Ausdruck und forderten die Aufklärung der Anschläge von 2013 und 2022. Im Anschluss an die Reden wurde ein Video von Evîn Goyî gezeigt. Nach der Trauerfeier erwiesen die Anwesenden den Gefallenen die letzte Ehre und legten Nelken an den aufgebahrten Särgen nieder.

Der Leichnam von Evîn Goyî wird zur Beisetzung nach Mexmûr in Südkurdistan überführt, der von Abdurahman Kızıl nach Qers (tr. Kars) und der von Mîr Perwer nach Mûş.