Abschiebestopp für ezidische Geflüchtete: Zieht Hamburg nach?

Die Hamburgische Bürgerschaft wird heute über einen Antrag der Linksfraktion auf einen Abschiebestopp für ezidische Geflüchtete entscheiden. In Thüringen und NRW sind Abschiebungen ezidischer Frauen und Kinder in den Irak bereits ausgesetzt.

Die Linksfraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft beantragt auf der heutigen Sitzung einen sofortigen Abschiebestopp für ezidische Geflüchtete. Der Bundestag hat die systematische Verfolgung und Ermordung von Ezidinnen und Eziden im Nordirak durch die Terrormiliz „Islamischer Staat" (IS) im Januar 2023 als Völkermord anerkannt. Trotz des Beschlusses des Bundestages, sich für den Schutz ezidischen Lebens einzusetzen, haben einige Bundesländer mit Abschiebungen von Ezid:innen in den Irak begonnen. Hamburg hat laut einer Anfrage der Linksfraktion 2023 mindestens drei Personen in den Irak abgeschoben. Ob es sich um Ezid:innen handelte, wird nicht erfasst. Die Linksfraktion beantragt daher in der aktuellen Bürgerschaftssitzung einen Abschiebestopp und die Erteilung von humanitärem Aufenthaltsrecht für Ezid:innen.

Ensslen: Anerkennung des Völkermords beinhaltet eine Verpflichtung

Carola Ensslen, fluchtpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE in der Hamburgischen Bürgerschaft, erklärt dazu: „Die Anerkennung des Völkermordes an Ezid:innen darf kein bloßes Lippenbekenntnis sein - sie beinhaltet die Verpflichtung, sich wirksam für den Schutz ezidischen Lebens einzusetzen! Wir müssen ausschließen, dass Hamburger Ezid:innen in das Land abgeschoben werden, in dem ein Völkermord gegen sie verübt wurde. Die Lage im Irak ist weiterhin äußerst unsicher. Die humanitären Bedingungen in den Lagern für Geflüchtete in der kurdischen Region Iraks werden von den Vereinten Nationen im Hinblick auf Wasserversorgung, medizinische Versorgung, Kanalisation und Müllentsorgung als ,extrem’ und ,katastrophal’ beschrieben - dennoch gibt es Wartelisten, um in den Lagern aufgenommen zu werden. Wir müssen alles tun, um zu verhindern, dass die Betroffenen des Völkermords diesen furchtbaren Bedingungen ausgesetzt werden.“

Abschiebestopp in Thüringen und Nordrhein-Westfalen

In Bundesländern wie Thüringen und Nordrhein-Westfalen wurde bereits ein Abschiebestopp für ezidische Frauen und Kinder aus dem Irak beschlossen. Der Verein Pro Asyl hat Ende vergangenen Jahres auf vermehrte Abschiebungen von Ezid:innen aufmerksam gemacht und ein Aufenthaltsrecht aus völkerrechtlichen und humanitären Gründen gefordert. Mit rund 250.000 Angehörigen lebt die größte ezidische Exil-Gemeinde in Europa in Deutschland. Offizielle Zahlen dazu, wie viele Ezidinnen und Eziden aus Deutschland abgeschoben wurden, gibt es nicht. Pro Asyl schätzt, dass derzeit 5.000 bis 10.000 ezidische Menschen aus dem Irak ausreisepflichtig und von Abschiebungen bedroht sind.