Proteste gegen Steinbruch in Rize
Die Bevölkerung im Kreis Ikizdere in Rize protestiert gegen ein Steinbruchprojekt. Immer wieder kommt es bei Blockaden zu Konfrontationen mit der Militärpolizei.
Die Bevölkerung im Kreis Ikizdere in Rize protestiert gegen ein Steinbruchprojekt. Immer wieder kommt es bei Blockaden zu Konfrontationen mit der Militärpolizei.
Seit einer Woche protestiert die Bevölkerung im Kreis Ikizdere in Rize gegen ein Steinbruchprojekt. Das ökologisch bedenkliche Projekt wurde nach der Enteignung der Bevölkerung durch ein Präsidialdekret am 21. April im Gebiet des Tals Işkencedere gestartet. Die Bewohner*innen der Region reichten Klage ein und begannen, die Gegend gegen einen möglichen Projektstart zu bewachen.
Barrikade aus Bienenstöcken
Die Militärpolizei entfernte ein von den Dorfbewohnern aufgestelltes Zelt und errichtete Absperrungen am Eingang des Tals. Doch die Proteste und Blockaden hielten an, daher mussten die Bagger und Bohrer abziehen. Die Dorfbewohner*innen bauten anschließend am Eingang der Schlucht eine Barrikade aus Bienenstöcken.
Der Steinbruch soll für den Bau eines Logistikprojekts von Cengiz Construction genutzt werden, einem Unternehmen, das enge Verbindungen zum Regime hat und in den letzten zehn Jahren zahlreiche Aufträge für Infrastrukturprojekte erhalten hat.
Pandemie als Vorwand der Protestverhinderung
Am Sonntag, den 25. April, drangen Soldaten in die Gärten von Wohnhäusern unter dem Vorwand des Lockdowns wegen der Pandemie ein. Es ging in Wirklichkeit aber darum, die Menschen daran zu hindern, zum Projektgelände zu gelangen und ihren Protest fortzusetzen. Mehrere Menschen wurden festgenommen.
„Wir werden euch den Wald nicht geben“
Yakup Okumuşoğlu, ein Anwalt und Mitglied der Umwelt- und Ökologiebewegung, teilte ein Video aus Ikizdere, das mehrere ältere Menschen zeigt, die es geschafft hatten, den Ort zu erreichen. „Wir werden euch unseren Wald nicht geben”, hört man die Menschen sagen. „Ihr seid unsere Soldaten, beschützt uns.“ Die Militärpolizei setzte daraufhin Tränengas gegen sie ein und nahm mehrere von ihnen fest.
HDP: „Kein Profit wertvoller als der Lebensraum der Dorfbevölkerung“
Mehrere Oppositionspolitiker*innen begaben sich in das Gebiet, um den Protest zu unterstützen. Der Abgeordnete der Demokratischen Partei der Völker (HDP), Murat Çepni, erklärte, die Menschen seien entschlossen, das Projekt zu verhindern: „Alle sind sehr entschlossen, weil sie wissen, dass sie nicht leben können, wenn es hier einen Steinbruch gibt. Kein Profit oder Projekt ist wertvoller als der Lebensraum der Dorfbewohner. Das Wasser, die Bienenzucht und der Tee der Menschen werden zerstört. Mit jeder Sprengung, die gezündet wird, wird Wasser vergiftet.“
„Pandemie-Maßnahmen gelten nicht für zerstörerische Konzerne“
In einer Erklärung der „Ökologischen Union“ heißt es: „Während die Bürgerinnen und Bürger in der der Pandemie um ihr Leben kämpfen, fährt die Regierung fort, Projekte zur Plünderung und Zerstörung in unserem ganzen Land durchzuführen. Ausgangssperren und Pandemie-Maßnahmen gelten offensichtlich nicht für zerstörerische Konzerne.“
„Fünferbande“ als Günstlinge des Faschismus
Zusammen mit vier anderen Unternehmen aus der Türkei gehört die Cengiz Holding zu den zehn Unternehmen, die laut den Zahlen der Weltbank 2018 die meisten öffentlichen Ausschreibungen der Welt in einem Jahrzehnt gewonnen haben.
Vor allem wegen der garantierten Zahlungen, die sie in den Public-Private-Partnership-Projekten erhalten, sind die fünf Unternehmen in die öffentliche Kritik geraten und werden von der Opposition als „Fünferbande“ tituliert.