Im Ida-Gebirge im Nordwesten der Türkei will eine kanadische Firma eine Goldmine eröffnen. Seit zwei Jahren wird bereits gerodet – statt offiziell 45.000 sind bisher mehr als 200.000 Bäume gefällt worden. Zudem soll hochgiftiges Zyanid verwendet werden.
Das Gelände unweit der historischen Stätte von Troja wurde von der Firma Alamos Gold im Jahre 2010 für 90 Millionen US-Dollar erworben. Die Mine ist allerdings nicht die einzige ihrer Art: Für insgesamt 3500 Hektar hat das Forstwirtschaftsministerium hunderte weitere Lizenzen zum Abbau von Gold an andere nordamerikanische Unternehmen wie Newmont oder Teck Cominco vergeben.
Umweltschützer*innen leisten bereits seit 2007 Widerstand gegen die Abholzung von Bäumen im Ida-Gebirge. Süheyla Doğan ist eine von ihnen. Sie kämpft als Ko-Vorsitzende des Vereins zum Schutz der Schätze von Kultur und Natur und als Mitglied der Ökologie-Union seit zwölf Jahren gegen den Goldabbau. In einem Interview berichtet sie, dass Alamos Gold versuche, vollendete Tatsachen zu schaffen, indem er die großflächige Abholzung der Region fortsetzt, während gerichtliche Entscheidungen noch ausstehen. Die Öffentlichkeit habe nun aber erfahren, was dort geschehe und protestiere.
Süheyla Doğan betont, dass die Projekte am Ararat in Nordkurdistan noch drei Mal größer seien. Der Konzern Newmont habe drei verschiedene Abbaulizenzen erworben und versuche durchzusetzen, dass keine Studien über Umweltfolgen notwendig seien. Die Umweltaktivistin fährt fort: „Die Bergbaukonzerne haben dutzende Abbaulizenzen erworben und Genehmigungen erhalten. Wir müssen gegen sie alle kämpfen. Die Goldminen von Türmab und Lapseki haben schon die Arbeit aufgenommen. In Tepeoba hatten sie Molybdän gefunden, nun ist das Vorkommen erschöpft und die Plünderung am Ende. Die Firmen sind einfach weggegangen ohne den Ort wiederherzustellen. Wir beschäftigen und mit den Goldminen in Kirazlı und auch in Havran und Balya. Für die Goldmine in Demirtepe konnte kein positives Umweltfolgenabschätzungsgutachten erstellt werden. Wir hoffen, dies auch für die anderen Projekte zu erreichen.“
„Die Bergbaubehörde hat selbst alle Ressourcen an die multinationalen Konzerne verkauft“
Der Raubbau in der Region habe zu Beginn des Jahrtausends begonnen, erklärt Doğan. Die Bergbaubehörde (MTA) hat 2005 alle ausländischen Goldkonzerne zu einem Treffen nach Çanakkale eingelaaden und ihnen die Ressourcenvorkommen gezeigt.
„Es nutzt nicht der Öffentlichkeit, sondern dem eigenen Profitstreben“
Süheyla Doğan sagt, es gäbe praktisch keine Ressourcenvorkommen mehr, die nicht bereits verkauft sind. Während die Regierung die Ressourcen des Landes veräußert, werden sogar in den kleinsten Schluchten Wasserkraftwerke gebaut und die Ägäis mit Erdwärmekraftwerken und Windanlagen geplündert. Auf das gerne kolportierte Argument: „Es gibt hier Rohstoffe, sollen sie denn in der Erde bleiben?“ antwortet Süheyla: „Ja genau. Warum sollen unsere ganzen Ressourcen multinationalen Konzernen, ihren lokalen Kollaborateuren oder Kapitalisten von hier überlassen werden? Die Goldminen nutzen der Öffentlichkeit in keiner Weise, ob sie nun von lokalen oder globalen Unternehmen ausgeplündert werden. Es ist nur ein Mittel, um für die Unternehmen, welche die Umwelt zerstören, Profit zu generieren. Gold ist nicht dringend notwendig. Für hundert Gramm Gold eine solche Verwüstung anzurichten ist vollkommen absurd. Das, was auf dem Boden lebt, ist viel wertvoller als Gold.“
Der Staat verdient zwei Prozent
Der Profit des Staates liege bei der Angelegenheit bei zwei Prozent, betont Süheyla und bezeichnet ihn als Werkzeug zur Befriedigung des Profitstrebens multinationaler Konzerne. Auch die lokale Bevölkerung haben sie teilweise durch Bestechungen auf ihre Seite bekommen, sagt die Aktivistin und erzählt: „An diesen Orten ist der Kampf etwas schwerer, aber die Verteidiger*innen des Rechts auf Leben blieben immer aufrecht. Wir waren auch an anderen Orten der Türkei. Manche kommen hier aus Cerattepe. Hier sind 60 Organisationen zusammengekommen und haben die Ökologie Union gegründet. Das haben wir gemacht, damit unsere Stimme vernehmbarer wird.
„Überall sind Ida, Munzur und Heskif“
Seitdem Ende Juli Aktivist*innen am Rande des Abbaugebiets eine „Wasser- und Gewissensmahnwache“ errichtet haben, ist der Protest gegen die Goldmine in der Provinz Çanakkale ständig gewachsen. Zu den Formen des Widerstands sagt Doğan: „Hasankeyf, Munzur und Ida sind überall. Die Frauen führen den Kampf hier von Anfang an in der ersten Reihe an. Denn die Verwüstung und Zerstörung der Natur betrifft das Leben der Frau viel stärker. Sie sind mehr mit der Natur verbunden. Die Mahnwache muss weitergehen. Wir kennen die Entscheidungen des Vorbereitungskomitees, der Stadtverwaltung und der NGOs nicht. Wir fordern die Menschen auf, Druck aufzubauen. Wir hoffen, der Widerstand geht weiter. Die Zelte dürfen nicht abgebaut werden und der Widerstand muss weitergehen.“