Am 13. Februar kam es an der an der Çöpler-Goldmine im Kreis Licik (tr. İliç) in der nordkurdischen Provinz Ezirgan (Erzincan) zu einer Katastrophe auf Ansage. Ein riesiger Schutthang zyanidverseuchter Erde rutschte ab und verschüttete etliche Arbeiter. Mindestens neun Arbeiter werden noch vermisst. Eine giftige Staubwolke bedroht die umliegenden Siedlungen. Das Exekutivkomitee der KCK (Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans) nahm in einer Erklärung Stellung zu dem Verbrechen an Umwelt, Arbeiter:innen und Anwohner:innen: „Die Türkei muss sich so schnell wie möglich von dieser profitgierigen, ausbeuterischen, natur- und menschenfeindlichen Mentalität befreien. Alle gesellschaftlichen Gruppen, die demokratischen Kräfte, die Umweltbewegung, alle, die den Menschen, die Gesellschaft und die Natur wertschätzen, müssen gegen diese Haltung Stellung beziehen. Die Türkei und Kurdistan müssen vor dieser Mentalität gerettet, die Natur befreit und das Leben demokratisiert werden.“
„Ein weiteres Tschernobyl“
In der Erklärung der KCK heißt es weiter: „Im Kreis Licik in der Provinz Ezirgan wurden neun Minenarbeiter durch den Abrutsch von Zyanidabfällen und die Explosion der verlegten Rohre unter der Erde begraben. Die gesamte Region steht nun einer sehr ernsten Katastrophe gegenüber. Die koloniale und profitorientierte Haltung hat zu dieser sehr gefährlichen Situation geführt. Nicht nur das Leben der verschütteten Arbeiter ist bedroht, ein sehr großes Gebiet und Ökosystem wurde giftigen Chemikalien ausgesetzt. Das Geschehene kann nur als weiteres Tschernobyl bezeichnet werden.
„AKP/MHP-Regime hat Umweltfeindlichkeit auf neues Niveau gebracht”
Bekanntlich ist die Goldgewinnung mit Zyanid in den letzten Jahren in vielen Teilen der Welt verboten worden, und die entsprechenden Minen wurden stillgelegt. Der Grund dafür ist die ökologische Zerstörung, die durch Zyanid verursacht wird. Die giftige Chemikalie stellt eine ernsthafte Bedrohung sowohl für das menschliche Leben als auch für die Natur, den Boden, das Wasser, die Pflanzen und alle Lebewesen dar. Das wurde bei vielen Unfällen festgestellt. Diese Erfahrungen wurden auch in der Türkei gemacht. Nirgendwo auf der Welt gibt es so viele durch Minen und giftige Chemikalien verursachte Katastrophen wie in der Türkei. Hunderte Male haben Minen zu großen Katastrophen geführt, Tausende von Arbeiter:innen haben ihr Leben verloren, die Natur und das Ökosystem wurden stark geschädigt; eine massive ökologische Zerstörung fand statt. Vor allem unter der AKP-Regierung ist die Türkei immer wieder von solchen Katastrophen heimgesucht worden. Der Grund dafür liegt bei der AKP-Regierung. Sie betreibt keine Politik für Menschen, Gesellschaft und Natur, sondern eine kolonialistische und zerstörerische Politik für Rendite und Profit. Diese zerstörerische Politik hat sich unter gemeinsamen Herrschaft von AKP und MHP noch verstärkt. Die Situation in Licik ist das jüngste Beispiel dafür.
„Die AKP/MHP-Regierung hat gezeigt, wie sehr sie Wert auf Heimat und Nation legt”
Zunächst einmal sollten wir wissen, dass von Menschen verursachte Katastrophen, insbesondere Bergbaukatastrophen, nicht nur Menschen schaden und Menschenleben kosten. Tausende und Abertausende von Pflanzen- und Tierarten werden in Mitleidenschaft gezogen, Mikroorganismen, die den Boden ernähren, werden zerstört, der Boden wird verschmutzt, das Wasser wird verunreinigt, und es entstehen schwere Schäden am Ökosystem. Die Natur wird ebenso beeinträchtigt wie das menschliche Leben. Daher ist es unangemessen, nur das menschliche Leben zu betrachten und das Ausmaß der Proteste nach der Zahl der menschlichen Todesopfer auszurichten. Natürlich ist das menschliche Leben wertvoll. Aber wir wissen, dass der Mensch ein Teil der Natur ist. Der Mensch existiert und lebt mit der Natur. Niemand von uns kann ohne die Natur existieren und leben. Luft, Wasser, Boden, ein ganzes Ökosystem ist die Quelle allen Lebens. Die Natur ist unser aller Mutter, durch sie existieren und leben wir. Wenn wir die Natur verschmutzen, beschädigen und zerstören, führen wir unser eigenes Ende herbei. Wir sollten das Leben und die Natur aus dieser Perspektive betrachten. Aber leider hat die AKP/MHP-Regierung nicht einmal ein Fünkchen dieser Perspektive. Die AKP/MHP kümmert sich in keiner Weise um das menschliche Leben und die Natur, sondern nur um Geld und materiellen Gewinn. Die Türkei ist vollständig in die Hände von Unternehmen, der Mafia, dem Profitstreben und der gnadenlosen Ausbeutung ausgeliefert worden. Die Regierung selbst ist Komplizin der Unternehmen, der Mafia, der Profitgier und des ungebremsten Hungers nach Rendite. Gemeinsam beuten sie Kurdistan und die Türkei aus, vernichten die Natur und zerstören das Ökosystem. Natur und Mensch in Kurdistan und der Türkei sind massiver Zerstörung durch ihre Hände ausgesetzt. Überall gibt es Minen, giftige Chemikalien, Abholzung von Bäumen, Wasserkraftwerke, Staudämme ... Seit Jahren versucht die AKP/MHP-Regierung, ihre Verbrechen zu vertuschen und die Gesellschaft zu täuschen und zum Schweigen zu bringen mit dem Trugschluss von ‚Heimat und Nation‘, wie ihn bereits die Faschisten Hitler und Mussolini benutzten.
Da die Opposition in der Türkei sich nicht von der Regierung unterscheidet und unter dem Einfluss der nationalistischen Ideologie steht, ist sie leider nicht in der Lage, das falsche Gesicht der AKP/MHP-Regierung zu entlarven und dafür zu sorgen, dass die Gesellschaft die Realität klar erkennt. Die demokratischen Kräfte sind ebenfalls nicht stark genug. Sie sind nicht in der Lage, durch die Schaffung eines gemeinsamen Willens einen radikalen Ausstieg zu vollziehen, sie sind nicht in der Lage, diese profitorientierte, räuberische, natur- und menschenfeindliche Einstellung zu entlarven und ihr ein Ende zu bereiten. Da dies in der Türkei nicht geschieht, benutzt die AKP/MHP-Regierung die nationale Augenwischerei überall, als ob sie etwas Neues und Gutes wäre, und verhindert gesellschaftlichen Protest. Aber hier in Licik hat sich gezeigt, wie heimatverbunden und national die AKP/MHP wirklich ist. Würden diejenigen, die ihr Land und ihre Nation lieben, das Thema so angehen? Das Leben der unter der Erde begrabenen Arbeiter, die chemische Verseuchung von Hunderttausenden von Tieren und Pflanzen, die Verschmutzung des Euphrat, die Gefahr für das Zweistromlandbecken einfach so in Kauf nehmen ... Das all dies geschehen ist, macht die Wahrheit über die Haltung der AKP/MHP-Regierung ein weiteres Mal deutlich.
„Die Feinde der Natur müssen sich umgehend von dieser Mentalität befreien”
Der giftige Erdrutsch in der Goldmine in Licik ist eine echte Katastrophe, deren Ausmaß noch nicht bekannt ist. Es ist das Tschernobyl der AKP/MHP. Die Regierung und die von der Regierung monopolisierten Medien verbergen das Ausmaß der Gefahr. Das Problem wird nur als eine Frage der verschütteten Arbeiter dargestellt. Man versucht, die Agenda mit der Rettung der Arbeiter zu füllen, um die großen Sünden und Verbrechen zu vertuschen. In Wirklichkeit ist ihnen das Leben der Arbeiter vollkommen gleichgültig. In Soma, in Amasra, bei dem Erdbeben vom 6. Februar haben wir alle gesehen, dass sich das AKP/MHP-Regime nicht im Geringsten um die Arbeiter und die Bevölkerung schert. Deshalb ist das, was die Regierungsmedien gerade machen, eine völlige Verzerrung der Realität, eine Vertuschungsaktion. Die Situation ist aber äußerst ernst. Giftige Chemikalien mischen sich in das Wasser des Euphrat, und das Zweistrombecken ist in großer Gefahr. Nicht nur Ezirgan und Licik, sondern ganz Mesopotamien ist gefährdet. Bekanntlich bildet der Euphrat zusammen mit dem Tigris das Zweistromlandbecken und mündet in den Persischen Golf und erreicht so das Meer. Die Vergiftung des Euphrat bedeutet, dass Menschen, Pflanzen, Tiere, Böden, Wasser und Mikroorganismen in all diesen Regionen in Gefahr sind. Wir sind mit einer großen ökologischen Zerstörung konfrontiert. Anlässlich dieser Katastrophe verurteilen wir die menschenfeindliche, antisoziale und naturfeindliche Profithaltung des AKP/MHP-Regimes aufs Schärfste. Die AKP/MHP-Regierung schreitet in ihrer Zerstörung der Natur von Kurdistan und der Türkei jeden Tag weiter voran. Die Situation in Licik hat einmal mehr gezeigt, wie notwendig und richtig unser Kampf gegen die Mentalität der AKP/MHP ist. Die Türkei muss sich so schnell wie möglich von dieser natur- und menschenfeindlichen Profit-, Plünderungs- und Ausbeutermentalität befreien. Alle gesellschaftlichen Gruppen, die demokratischen Kräfte, die Umweltbewegung, alle, die den Menschen, die Gesellschaft und die Natur wertschätzen, müssen sich gegen diese Mentalität stark machen. Die Türkei und Kurdistan müssen von dieser Mentalität befreit werden, die Natur muss befreit werden und das Leben muss demokratisch gestaltet werden.”