KCK: Der Ökozid erfordert einen totalen Widerstand

„Diese Zerstörung, die alles Leben betrifft, erfordert einen totalen Widerstand“, erklärt das Ökologie-Komitee der KCK im Hinblick auf den Ökozid in Kurdistan und der Türkei. Für die Natur zu kämpfen sei existenziell und könne nicht aufgeschoben werden.

Die Folgen der ökologischen Ausplünderung, die von den herrschenden Kräften des kapitalistischen Systems und einer gewinn- und renditeorientierten Wirtschaftsordnung mit konstanter Unmoral betrieben wird, vertiefen sich Tag für Tag und führen zu neuen Zerstörungen. Gipfel und Kongresse, die sie in großer Zahl mit dem Anspruch organisieren, die ökologische Krise, für die sie selbst verantwortlich sind, zu lösen, kommen über Formalitäten und scheinheilige Kompromisse nicht hinaus. Was bisher im Namen der Lösung getan wurde, hat nur dazu gedient, die öffentliche Meinung zu manipulieren, sich der Verantwortung zu entziehen oder die Probleme zu verschärfen. Beschlüsse, die auf Konferenzen der Klimarahmenkonvention gefasst wurden, werden aufgrund der offensichtlichen oder verdeckten Rücksichtslosigkeit dieser Kräfte und ihrer Profitgier nicht umgesetzt. Im Gegenteil. Weit davon entfernt, die ökologische Zerstörung zu verhindern, werden jedes Jahr neue Plünderungsrekorde aufgestellt. Die Folgen, die wir tagtäglich erleben, offenbaren die Dimensionen dieser Gräueltat, die unter dem Deckmantel von „Entwicklung“ und „Zivilisation“ verübt wird. Das ökologische Gemetzel hat ein solches Ausmaß angenommen, dass selbst internationale Organisationen wie die UNO, die bisher die Augen davor verschlossen hatten, die Gräueltaten mittlerweile einräumen und sie als „Katastrophe“ bezeichnen.

Die rekordverdächtigen Temperaturen, Waldbrände, Überschwemmungen und die Folgen von Kriegen in verschiedenen Kontinenten und Ländern dieser Welt reichen aus, um das Ausmaß dieser Katastrophe zu verdeutlichen. Jeder Angriff auf die Natur reißt irreparable Wunden auf, und es ist nicht mehr schwer vorherzusagen, in welche Dunkelheit unsere Zukunft hineingezogen wird, wenn dieser Raubbau weitergeht.

Brandstiftung durch türkische Soldaten in der Besta-Region im nordkurdischen Şirnex

Der ökologische Blutzoll des Krieges ist hoch

Aufgrund des Rendite-Wahns der faschistischen AKP/MHP-Regierung in Ankara gehören Kurdistan und die Türkei zu jenen Orten, an denen diese Katastrophe eine völlig neue Dimension erreicht hat. Der ökologische Blutzoll des von diesem Regime in Kurdistan geführten Krieges wird jeden Tag höher – und die Gewalt, die diese faschistische Mentalität der Gesellschaft zufügt, spiegelt sich in jeder Hinsicht in der Natur wider. Ausplünderungsprojekte, die in die Wahlpropaganda der Herrschenden integriert worden waren, werden nun eins nach dem anderen in die Tat umgesetzt. Dass die Abholzungen in Şirnex, Besta, Gabar und Cûdî seit den Wahlen mit aller Gewalt fortgesetzt werden, die Kettensägen im Akbelen-Wald in Milas weiter auf dem Vormarsch sind, und Besitzer:innen von Olivenhainen in Yatağan und Hatay enteignet werden, damit der Staat regierungsnahe Bauunternehmen mit lukrativen Aufträgen versorgen kann, sind nur die ersten Schritte auf diesem Weg. Er wird derzeit fortgesetzt mit Waldbränden in Licê und im Cûdî, die von der faschistischen türkischen Armee besonders rücksichtslos dokumentiert wurden, und der Vernichtung landwirtschaftlicher Flächen und Bäumen in Xîzan/Bedlîs – ebenfalls durch die Hand von Soldaten.

Multidimensionale Strategien für den Ökozid

Nach den Dorfverbrennungen in den 1990er Jahren erleben wir heute wieder, dass der rassistisch motivierte Zerstörungswahn des türkischen Staates in Kurdistan eine multidimensionale Strategie fährt. Zu Militärgewalt und Krieg gesellt sich eine gezielte Natur- und Umweltzerstörung, die als probates Mittel der sogenannten Aufstandsbekämpfung fungiert: Der Ökozid. Lebensräume von Mensch und Tier werden zerstört und Lebensgrundlagen wie Landwirtschaft vernichtet. So zum Beispiel die von der Armee und ihren Dschihadisten betriebene Brandrodung von Feldern, Wäldern und Olivenhainen; Staudämme, die Ökosystem und Klima vernichten; Kohlekraftwerke und Bergbauunternehmen, die Landstriche verwüsten und das Grundwasser für lange Zeit schädigen; Enteignungen landwirtschaftlicher Flächen in zahlreichen Provinzen für Solarkraftwerke von Botan bis Serhed; wie Pilze aus dem Boden schießende Staudämme und Wasserkraftwerke, die dazu führen, dass Fließgewässer wie der Munzur oder der Wan-See austrocknen; die Verweigerung von Strom und Wasser, um den Ackerbau in Riha zu verhindern; der Raub der Arbeitskraft der Bauern in Amed, die zusehen müssen, wie ihr Weizen auf der Tenne verrottet; Ausgangssperren und Weideverbote für Menschen und Tiere und ihr Überlassen dem sicheren Tod, sowie das Abdrehen von Trinkwasser sind nur einige der faschistischen Konzepte im Versuch, Kurdistan und seine Bevölkerung zu bändigen. Damit verbunden ist Flucht, Vertreibung, Armut und Unterdrückung – im Norden wie auch im Westen und Süden.

„Schutz der nationalen Sicherheit“ als Legitimation für Zerstörung

Dieser Vernichtungsfeldzug in Kurdistan wird mit dem „Schutz der nationalen Sicherheit“ legitimiert. Doch was könnte gefährlicher und bedrohlicher für Sicherheit sein als dieser Krieg, den das AKP/MHP-Regime mit Chemiewaffen und Kampfflugzeugen, gezielten Brandstiftungen, Bombardierungen von Bergen und ökologischen Plünderungsprojekten führt? Können die Natur und das Ökosystem, die unsere Garantie für Leben und Sicherheit sind, mit Plünderungen und Massakern geschützt werden? Diese Kriege, die von einer faschistisch motivierten Politik im Namen der Sicherheit und des Überlebens geführt werden, haben schon immer für Zerstörung, Tod und Leid gesorgt. Die Konsequenzen wirkten sich auf die Umwelt ebenso aus wie auf die Menschen – mit dem Unterschied, dass der Krieg gegen die Natur nicht so schrill, laut und durchdringend war wie die Bomben auf die Bevölkerung, und seine Auswirkungen langsamer voranschritten. Doch jeder gefällte Baum, jeder gebaute Staudamm, jedes errichtete Kraftwerk in der Natur ist eine weitere Eskalationsstufe im Krieg gegen den Menschen und gleichzusetzen mit einem Bombardement, dessen Schaden in keiner Weise behoben werden kann.

Nur wir können die Zerstörung stoppen

Obwohl ökologische Katastrophen, wie alle Katastrophen, von den herrschenden Mächten und den dominierenden Kräften des Systems verursacht werden, sind wir diejenigen, die sie aufhalten müssen. Das Massaker an der Natur, eine Umweltkatastrophe von unglaublichem Ausmaß, erlegt allen – Kindern, Jugendlichen, Erwachsenen, allen Teilen der Gesellschaft – die Verantwortung auf, nicht zu schweigen, sich dagegen zu wehren, sich zu organisieren und zu kämpfen. Die Tatsache, dass wir die Katastrophe als weit entfernt von uns sehen und schweigen, entbindet uns nicht davon. Dieses Massaker, das alles Leben betrifft, zwingt uns auch einen totalen Widerstand auf. Der ökologische Kampf ist eine moralische Haltung und Verantwortung gegenüber der Natur und der Zukunft. Er ist ein Kampf für Rechte und Gerechtigkeit. Es ist das grundlegendste Recht, die Natur, den Boden, das Wasser und die Luft gegen die Usurpation der faschistischen Macht zu verteidigen. Jeder Moment, in dem wir zu spät handeln, bedeutet, dass ein Lebewesen abgeschlachtet, ein Wald zerstört, ein Fluss verschmutzt, ein Feld für gewinnsüchtige Unternehmen besetzt, ein Dorf geräumt und ein Leben ausgelöscht wird.

Widerstand gegen den totalen Ökozid

Sich für die Natur zu organisieren ist eine existenzielle Aufgabe, die nicht länger aufgeschoben werden kann. Aus diesem Grund ist der heutige Tag der Tag, das Leben zu verteidigen, den Kampf gegen die faschistische Mentalität und die Politik der Plünderung zu organisieren und zu verstärken. Heute ist der Tag, die Welt und die Natur ohne weitere Verzögerung zu schützen, unsere Kraft mit ökologischem Bewusstsein zu vereinen, uns zu organisieren und die Zukunft zu verteidigen. Wir müssen uns mobilisieren und kämpfen, sonst können wir den totalen Ökozid nicht verhindern.


Dieser Text wurde vom Ökologie-Komitee der Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans (KCK) verfasst.