Wenige Tage vor der Eröffnung der Internationalen Auto- und Verkehrsmesse IAA Mobility haben Aktive der Klimagerechtigkeitsbewegung zu Protesten unter dem Motto #blockIAA aufgerufen. Die Aktionsbündnisse Sand im Getriebe, No Future for IAA und SmashIAA wollen mit Aktionen des zivilen Ungehorsams den Ablauf der IAA in München stören und „zeigen, wie der Kapitalismus Autokonzerne zu Profiteuren von Klimakrise, neokolonialer Ausbeutung und Aufrüstung macht“.
„Die Autokonzerne vertreten einen Verkehr aus leeren Versprechen von gestern. Sie drücken uns eine Mobilität auf, die nur dazu dient, Geld auf die Konten einiger weniger zu pumpen, mit immer mehr und immer größeren Autos, immer mehr Stau, immer mehr Pendeln“, sagt Luise Weil, Sprecherin von Sand im Getriebe. „Eine gerechte und gute Mobilität für Alle, die uns verbindet, und unsere Lebensgrundlagen nicht mit Füßen tritt ist möglich und in Zeiten der Klimakrise absolut notwendig. Die Konzerne stehen dieser im Weg, sie zerstören mit ihrem Wachstumszwang schon heute die Leben unzähliger Menschen weltweit, und deswegen stellen wir uns ihnen in den Weg“, so Weil.
Sand im Getriebe fordert ein Ende der Autoproduktion und einen massiven Ausbau des öffentlichen Verkehrs und gleichzeitig eine Vergesellschaftung der Autokonzerne, bei der die Bedürfnisse der Menschen im Mittelpunkt stehen, und nicht Wachstumszwänge und Profitmaximierung. Es brauche eine Produktion, „die nicht Autos, sondern die Dinge herstellt, die uns ein gutes Leben ermöglichen: Straßenbahnen, S-Bahnen, Fahrräder, Überlandbusse, und alles, was auch außerhalb der Mobilität Menschen statt Profiten dient“.
Eine Welt ohne Ausbeutung von Mensch und Natur ist möglich
Der Autolobbyverband VDA, der die IAA veranstaltet, wird auch 2023 die meisten großen Plätze der Stadt für die Messe nutzen. Lou Schmitz von No Future for IAA erklärt dazu: „Während der IAA wird die halbe Innenstadt zur Ausstellungsfläche umfunktioniert. Der urbane Raum wird für die Profite der Autoindustrie privatisiert, während das Leben in München für immer mehr Menschen unbezahlbar wird. Wir kämpfen für eine Stadt, die nach den Bedürfnissen der Menschen ausgerichtet wird, die hier leben.“ Und Mira Klein von SmashIAA ergänzt die Kritik: „Für ihre Profite nehmen die Autokonzerne nicht nur die Zerstörung unseres Planeten in Kauf, sondern schrecken auch nicht vor mörderischen Geschäften mit Militärfahrzeugen und Waffen zurück. Und während wir uns das Heizen und unser Essen nicht mehr leisten konnten, fuhren sie Rekordgewinne ein. Für eine klimagerechte und soziale Zukunft können wir uns nicht verlassen auf Politik, Bosse und leere Worte. Wir werden mit unseren kreativen Aktionen gegen die IAA zeigen, dass wir uns gegen ihr System zu Wehr setzen und dass eine andere Welt, ohne Ausbeutung von Mensch und Natur möglich ist.“
Zerstörung in den Ländern des globalen Südens
Schon bei den vergangenen beiden Automessen in München und Frankfurt hatten Sand im Getriebe und Co. mit Blockaden und Demonstrationen gegen die Umweltzerstörung der deutschen Autoindustrie protestiert. Dass diese sich mit hohen Investitionen vom klimaschädlichen Verbrennungsmotor auf Elektroautos umstellt und CO₂-Neutralität anstrebt, überzeugt die Gegnerinnen und Gegner nicht. Ein reiner Antriebswechsel hin zur Elektromobilität sei auch aufgrund eines umweltschädlichen Lithiumabbaus für die Batterien weder nachhaltig noch sozial gerecht, wie am Beispiel des Rohstofflandes Chile und den Kämpfen der Menschen gegen die Folgen vor Ort gezeigt werden solle.
Mobilitätswende-Camp als Plattform für unterschiedliche Positionen
Die IAA-Gegnerinnen und -Gegner planen dieses Mal ein Mobilitätswende-Camp vom 5. bis 10. September im Münchner Luitpoldpark, wo etwa 1.500 Teilnehmende zelten könnten. Aktivist:innen sollen bundesweit anreisen und im Camp übernachten und kollektiv Gekochtes essen können, gegen Spende. Das Camp versteht sich als Plattform für unterschiedliche Positionen, die in Workshops und Vorträgen diskutiert werden. Flächengerechtigkeit ist für die Organisator:innen von besonderer Bedeutung. Dazu meint Vanessa Probst von der Camp-Organisation: „Das Camp nimmt sich den Raum, der uns allen gehört. Wir lassen uns nicht von der IAA und den Behörden vertreiben! In Zeiten der Klimakrise müssen wir Mobilität, die alle Menschen abholt, neu denken. Dazu findet sich auf unserem Camp ein breites Bildungsangebot.“
Große Demonstration am 10. September
Für den 10. September ist eine Demonstration unter dem Motto „#BlockIAA!“ angekündigt, zu der auch Fridays for Future und Attac aufrufen. Die Gruppe „Letzte Generation“ kritisierte „den Klimakillerkanzler Scholz“ und kündigte schon ab dem heutigen Donnerstag „massive Verkehrsblockaden in München“ an. Die diesjährige IAA Mobility wird am 5. September durch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) eröffnet.
Titelbild: Sitzblockade gegen IAA 2021 | Foto: Sand im Getriebe