GKM-Besetzer geht in Berufung

Der wegen der Besetzung des Mannheimer Großkraftwerks zu einer Geldstrafe verurteilte Klimaaktivist „Locke“ geht in Berufung. „Klimaschutz ist kein Verbrechen“ erklärt die Initiative „GKM abschaffen“ und ruft zur Unterstützung auf.

Der im April wegen der Besetzung des Großkraftwerks Mannheim (GKM) zu einer Geldstrafe verurteile Klimaaktivist „Locke“ geht in Berufung. Das kündigt die Initiative „GKM abschaffen“ an. Das Urteil gegen den 21-jährigen Physikstudenten sei „absurd, und völlig willkürlich“ und daher „eindeutig nicht hinnehmbar“, erklärt die Gruppe.

Am 12. April wurde „Locke“ am Amtsgericht Mannheim zu 65 Tagessätzen von 5 Euro und zur Übernahme der Gerichtskosten verurteilt. Die Richterin sah es als erwiesen an, dass der Freiburger im August des vergangenen Jahres auf das Dach eines Kohleförderbands des GKM geklettert ist und damit Hausfriedensbruch begangen habe. Dafür und wegen „versuchter Körperverletzung“ und einem Verstoß gegen das Vermummungsverbot soll er 325 Euro Strafe sowie die Verfahrenskosten zahlen.

„Die ausführliche Argumentation, warum eine Besetzung des GKM gerechtfertigt ist, um noch größeren Schaden durch die Emissionen des GKM abzuwenden, tat das Gericht damit ab. Es gebe doch auch andere Wege und das sei kein Grund, hier zu blockieren. Dass zum Abbau der Steinkohle anderswo auf der Welt die Lebensgrundlage von Menschen zerstört und Menschen eingeschüchtert, vertrieben und ermordet, dass Menschen auch in der Region um das GKM an dessen Emissionen statistisch gesehen früher sterben, als sie es ohne GKM tun würden, dass das GKM maßgeblich durch seine Emissionen zur Klimakrise beiträgt und damit Flucht, Hunger, Ausbeutung, Tod, Rassismus und Patriarchat fördert, scheint das Gericht dabei gekonnt zu übersehen“, kritisiert „GKM abschaffen“.

Locke mittels Gesichtserkennungsprogramm identifiziert

Insgesamt fünf Klimaaktivist:innen waren in der Nacht zum 8. August 2020 auf ein Förderband im GKM geklettert, um gegen Kohleverstromung und für eine sofortige Wende in der Klimapolitik zu demonstrieren. Die Gruppe wurde von einem Sondereinsatzkommando (SEK) der Polizei Baden-Württemberg brutal geräumt und für fast zwei Tage zwecks Identitätsfeststellung in den Polizeirevieren Mannheim und Heidelberg festgehalten. Bei vier der Betroffenen scheiterte die Identifizierung trotz zahlreicher Bemühungen der Polizei. Im Fall von „Locke“ ergab ein Gesichtserkennungsprogramm den entscheidenden Hinweis. Bei der Durchsuchung des 21-Jährigen habe ein Polizist dann noch eine Nadel im Hosenbund entdeckt. Laut Anklage sei dadurch eine mutwillige Verletzung des Beamten in Kauf genommen worden.

Richterin erkennt zwar „ehrenwerte Motive“, aber…

„Auch dass die Politik oder die institutionellen und damit legalen Handlungsspielräume offensichtlich völlig wirkungslos sind, um der Klimakrise auch nur ansatzweise effektiv entgegenzutreten, erscheint dem Gericht wohl entgangen zu sein.“ Den Verweis auf die im Grundgesetz festgelegte Gewissensfreiheit, die dem Paragrafen des Hausfriedensbruches entgegenstand, lehnte die Richterin ebenfalls ab. Sie habe zwar „ehrenwerte Motive“ hinter der Besetzung und die Dringlichkeit der Klimakrise anerkannt, so die Initiative, nahm es aber offensichtlich mit dem Handeln doch nicht allzu drängend.

„Doch nicht nur inhaltlich scheint das Gericht hier Locke schlecht zugehört zu haben. Auch die Vorwürfe wirken wie an den Haaren herbeigezogen oder eher als Nadel im Heuhaufen gesucht und leider gefunden. So wurde Locke wegen einer Nadel am Hosenbund wegen versuchter Körperverletzung verurteilt. Die Richterin erkannte zwar, das mit einer Nähnadel kein Mensch ernsthaft zu verletzen wäre, wollte aber nicht glauben, dass sie einzig zum Zerstechen der Fingerkuppen diente. Stattdessen folgte sie der Argumentation der Staatsanwaltschaft, Locke hätte Verletzungen der Polizei in Kauf nehmen wollen und sei also ach so gefährlich. Auch wurde Locke wegen eines Verstoßes gegen das Vermummungsverbot verurteilt. Fragt sich nur, was an dieser Versammlung in 20 Meter Höhe so zugänglich war, dass sie öffentlich gewesen sein soll und damit das Vermummungsverbot greift. Die anwesenden Polizist:innen werden sich wohl kaum als Teil einer legitimen und notwendigen politischen Versammlung an einem etwas unkonventionelleren Ort verstanden haben.“

Solidarität mit Locke

Die Initiative „GKM abschaffen“ will sich das Urteil nicht gefallen lassen und geht mit der Berufung in die nächste Runde. „So leicht werden sie uns nicht los“, so die Aktivist:innen, schließlich sei Klimaschutz kein Verbrechen. Die Gruppe freut sich über Unterstützung – ob durch Solidaritätsbekundungen, Materialverbreitung oder Spenden. Finanzielle Unterstützung zur Abdeckung der Anwalts- und Repressionskosten wird erbeten an:

Inhaberin: Rote Hilfe
IBAN: DE47 4306 0967 4007 2383 64
BIC: GENODEM1GLS
Verwendungszweck: GKM abschaffen