Das türkische Ministerium für Umwelt und Städtebau hat die Baupläne des ökologischen Zerstörungsprojekts „Kanal Istanbul“ bewilligt und zur Bekanntmachung ausgehängt. Das teilte Ressortchef Murat Kurum am Wochenende in Istanbul mit. „Wir werden schnelle Schritte unternehmen, um unser Land und unsere schöne Stadt mit dem Kanal Istanbul zu bereichern“, sagte Kurum. Die Kosten des Kanals sollen sich auf knapp 11,5 Milliarden Euro belaufen. Gegner des Projekts halten diese Zahlen für unrealistisch und rechnen mit viel höheren Kosten.
Am 20. März war für das Projekt bereits Staatsgarantie gewährt worden, indem dem Gesetz Nr. 3996 über die Erbringung von bestimmten Investitionen und Dienstleistungen im Rahmen des BOT-Modells (Bau, Betrieb, Transfer) ein vorübergehender Paragraph hinzugefügt wurde, wie aus dem Amtsblatt hervorgeht. Die Ausschreibung für den Istanbuler Kanal soll noch in diesem Jahr erfolgen, als Bauzeit sind sieben Jahre vorgesehen. Umweltverbände sind in Alarmbereitschaft, denn sie warnen schon seit Jahren vor irreparablen Schäden am Ökosystem um Istanbul.
Ökologische Schäden im Erdbebengebiet
Die Wasserstraße würde einen 400 Meter breiten Streifen durch Wälder und Ackerland schneiden. Wasserreservoirs, das Grundwasser und ein Auffangsystem, die zusammen fast ein Drittel der Bevölkerung Istanbuls mit Trinkwasser versorgen, würden zerstört werden. Außerdem würde sich das salz- und sauerstoffarme Wasser des Schwarzen Meeres in das Marmarameer ergießen, denn mit dem Kanal soll ein künstlicher Seeweg quer durch die Stadt gegraben werden, dabei Meereslebewesen töten und die Metropole mit einem Geruch von Schwefelwasserstoff überziehen. Darüber hinaus würde sich das Erdbebenrisiko erhöhen. Der Norden Istanbuls dürfte ohnehin nicht bebaut werden, das wurde 2009 im Erdbeben-Masterplan festgehalten. Doch die Regierung schert sich nicht darum.
Größenwahnsinniges Prestigeprojekt
Der Kanal Istanbul ist eines der „Prestigeprojekte“ des größenwahnsinnigen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan. Auch er selbst nannte es „verrückt“, als er es 2011 erstmals vorstellte, meinte es allerdings positiv. Insgesamt geht es um eine Strecke, die 45 Kilometer lang, 150 Meter breit und 21 Meter tief ist. Schiffe dürften nur unter Entrichtung von Gebühren den Kanal durchfahren, der Bosporus soll für alle Tanker geschlossen werden. Das wiederum würde dem Abkommen von Montreux, in dem die unreglementierte Durchfahrt aller zivilen Schiffe durch den Bosporus geregelt wird, widersprechen. Am Kanal soll zudem eine neue Stadt entstehen, der Regierung zufolge mit etwa 500.000 Einwohnern auf einer Fläche von 453 Millionen Quadratmetern. Dazu acht Brücken über und eine U-Bahn unter dem Kanal, ein Jacht- und ein Containerhafen.
Spekulationen mit Baugrund
Dieses mörderische Projekt schafft damit quasi eine neue Insel zwischen Kanal und Bosporus in der 16-Millionen-Metropole Istanbul. 30 Millionen Quadratmeter Land entlang der geplanten Kanalstrecke waren vor einem Jahr bereits als billiges Ackerland verkauft worden. Nach dem Kanalbau würde es zu teuerstem Bauland mutieren, versteht sich. Die Spekulanten kommen aus dem arabischen Raum. Die drei größten Firmen sind aus Katar, Kuweit und Saudi-Arabien. Sogar die Mutter des katarischen Emirs Scheich Tamim bin Hamad Al Thani, Scheicha Musa bint Nasser al-Missned, hat sich schon längst eingekauft und große Landflächen erworben.