Seit dem Mittag besetzen Aktivist*innen eine Baustelle auf der Bundesautobahn A49 bei Neuental. Dazu sind am Ende des bereits fertiggestellten Abschnitts der Autobahn ein Zeltlager und Tripods aufgestellt worden. Am Donnerstag haben die Räumungs- und Fällarbeiten in und um die besetzten Wälder im Vogelsberg und bei Stadtallendorf begonnen. Menschen stellen sich dort den von der DEGES gesandten Harvestern und Kettensägen und deren Prügelknechten, der Polizei, entgegen. Denn hier soll diesen Herbst der Weg „geebnet” werden für den Weiterbau der Bundesautobahn 49. In jüngster Zeit hat sich breiter Protest gegen den Bau der Autobahn in bisher neuer Größe formiert. Viele Menschen fordern weitaus mehr als nur den Schutz der Wälder und den Erhalt von schützenswerten Lebensräumen vor Ort. Sie fordern eine umfassende Verkehrswende.
„Eine Verkehrswende bedeutet die Abkehr vom motorisierten Individualverkehr und eine Umorganisierung von Verkehrs- und Transportwegen. Verkehr wird vor allem produziert durch unsere immer ausuferndere Art zu leben und zu wirtschaften. Waren, die niemensch braucht, aber trotzdem jede*r kauft, werden um den halben Globus transportiert. Weil ausgebeutete ‚billige Arbeitskräfte’ an einen Ende der Welt den Konsument*innen am anderen Ende billige Bananen bescheren, entstehen gigantische Güterverkehrsflüsse”, erklärt die Initiative „Wald statt Asphalt“. Weil eine Kultur der Konkurrenz und Individualisierung Menschen gegeneinander ausspiele, statt kooperative Lösungen für Probleme zu versuchen, scheine es das Ziel eines jeden Menschen hierzulande zu sein, ein gutes Auto in der Garage zu haben - individuelle Mobilität garantiert.
Soziale und ökologisch gerechte Verkehrswende
Die Initiative fordert eine soziale und ökologisch gerechte Verkehrswende - ökologisch verträglichere Verkehrsmittel, die in der Hand derer liegen, die sie nutzen. Autos und Straßen seien schmutzig. „Hierzulande können sich viele ein Auto leisten, denn wir leben in einem Land, welches sich auch auf Kosten des globalen Südens organisiert. Hier sind viele finanziell und sozial privilegiert genug, um Mobilität auf diese schwachsinnige und phantasielose Art und Weise zu organisieren. Andererseits ist es natürlich kein echtes Privileg, die Taktung der Maschinerie noch zu erhöhen und als Getriebene frustriert im Stau zu stehen. Jedoch verstehen die meisten immer noch nicht, dass sie letztendlich gegen ihre eigenen, echten Bedürfnisse agieren. Eine Gesellschaft, in der das Habenwollen als Ersatzbefriedigung für all die Sachen kultiviert wird, die wir in Wirklichkeit am meisten wünschen, also Nähe zum Mitmenschen, sinnvolle Tätigkeit und Gelegenheit sich weiter zu entwickeln, usw. ist eine wesentliche Ursache für diese maßlose Dummheit. Und dieses Habenwollen verursacht nicht zuletzt auch eine Menge überflüssigen Verkehr”, kritisieren die Aktivist*innen.
Widerstand gegen A49-Ausbau Symbol im Kampf für Veränderung
Der Bau von Autos und Straßen, die Förderung von Erdöl und Rohstoffen für Batterien von E-Autos fressen endliche Ressourcen aus unserem Planeten, zerstören Leben und machen weite Landstriche für die meisten Lebewesen unbewohnbar, unterstreicht die Initiative. Abgase von Verbrennungsmotoren verursachen und verstärken die Erderwärmung und steuern uns auf die Klimakatastrophe zu. Die Katastrophe trifft auch vor allem die Menschen zuerst und am härtesten, die am wenigsten dazu beitragen.
Weiter heißt es: „Wenn wir eine Verkehrswende wollen, dann müssen wir das jetzt tun. Sofort und konsequent jeden weiteren Ausbau von Automobilinfrastruktur verhindern. Deshalb besetzen wir heute eine Baustelle auf der A49. Weil dieses Autobahnprojekt selbst unverantwortbar und für uns nicht akzeptabel ist. Hier platziert sich Widerstand gegen den A49-Ausbau gerade zu einem Symbol im Kampf für eine Veränderung, die überall geschehen muss. Wir fordern Menschen auf, aktiv zu werden, Verantwortung zu übernehmen. Bildet Kooperativen, organisiert euch, leistet jetzt Widerstand!”