Ökozid in den Wäldern von Herekol
In Kurdistan müssen die nächsten Wälder für den Bau weiterer Stützpunkte der türkischen Armee weichen. Als Handlanger des Militärs dienen wieder mal die sogenannten Dorfschützer.
In Kurdistan müssen die nächsten Wälder für den Bau weiterer Stützpunkte der türkischen Armee weichen. Als Handlanger des Militärs dienen wieder mal die sogenannten Dorfschützer.
Nachdem die Wälder in den Gebirgsregionen von Şirnex (tr. Şırnak) im Sinne der türkischen „Aufstandsbekämpfung“ in den letzten Jahren nahezu vollständig kahl geschlagen wurden, steht in der weiter nördlich gelegenen Provinz Sêrt (Siirt) das nächste Umweltmassaker bevor. Sogenannte Dorfschützer, die inzwischen offiziell „Sicherheitswachen“ genannt werden, haben in den vergangenen Tagen damit begonnen, Waldgebiete auf dem Çiyayê Herekol zu roden.
Der über 2800 Meter hohe Berg im Kreis Dih (Eruh) gehört zu den traditionellen Kampfgebieten der kurdischen Guerilla, die durch die Vernichtung der Natur ihre Basisräume verlieren soll. Hauptsächlich gilt der Herekol mit seinen fruchtbaren Weiden und Hochalmen jedoch als Lebensgrundlage eines Großteils der ländlichen Bevölkerung, die von Viehzucht lebt. Werden die Wälder und Almen zerstört, verlieren die Menschen in der Region ihre Existenzgrundlage.
Dorfschützer, die am Ökozid in Dih beteiligt sind (c) MA
Militarisierung in Kurdistan
Die Rodung auf dem Herekol wird im Auftrag des türkischen Militärs ausgeführt. Der Profit aus dem Verkauf des Holzes, der den Dorfschützern zugutekommt, ist zweitrangig. In erster Linie geht es der Armee um die militärische Kontrolle über die Region. Beispiele aus dem benachbarten Şirnex, wo in den letzten Jahren im Zuge der intensivierten Militarisierung Kurdistans gigantische Baumbestände auf den Massiven Besta, Cûdî und Gabar verschwunden sind, legen nahe, dass auch die Wälder des Herekol für neue Kalekols weichen müssen. Kalekols sind zur Festung ausgebaute Gendarmeriestationen.
Was sind Dorfschützer?
Dorfschützer sind paramilitärische Einheiten, die in Kurdistan gegen die Guerilla und regierungskritische Kurd:innen eingesetzt werden. Sie bestehen zu einem beträchtlichen Teil aus Stammesführern, Großgrundbesitzern, Familien und Einzelpersonen, die oft seit Jahrzehnten mit dem Staat zusammenarbeiten und versuchen, in Kurdistan für die Interessen des Staates einzutreten. Ein Teil der Dorfschützer tritt diesem System freiwillig bei, andere werden mit Mord, Verhaftung und Vertreibung bedroht und müssen unter Druck Dorfschützer werden. Millionen von Kurd:innen, die eine Kollaboration abgelehnt haben, mussten entweder flüchten oder sich dem Druck des Militärs und der Dorfschützer beugen. Mehr als 3.000 kurdische Dörfer, die das Dorfschützersystem ablehnten, wurden in den 1990er Jahren vom Staat niedergebrannt und dem Erdboden gleichgemacht.