„Schlimmste Schiffskatastrophe im Jahr 2020“, „140 Männer Frauen und Kinder ertrunken – wer ist verantworlich?“ – wer solche Überschriften angesichts des schlimmsten Schiffsunglücks des Jahres erwartet hatte, wurde enttäuscht. Denn die 140 Menschen, die vor der senegalesischen Küste auf dem Weg in die EU ertranken, waren keine europäischen Touristen, sondern Schutzsuchende aus afrikanischen Staaten. Die UN-Migrationsorganisation (IOM) meldete den Tod der 140 Personen am 29. Oktober, 59 Personen konnten von spanischen und senegalesischen Fischern und Behörden gerettet werden. Das Boot war nach IOM-Angaben am 24. Oktober in Mbour im Senegal in Richtung der Kanarischen Inseln aufgebrochen. Wenige Stunden nach der Abfahrt geriet das Boot in Brand und kenterte in der Nähe von St. Louis im Senegal. Damit sind in diesem Jahr bereits 414 Menschen als ertrunken auf der Atlantikroute registriert worden. Im Vorjahr waren es 210.
Ankünfte auf kanarischen Inseln steigen
Die Zahlen sind mit Vorsicht zu bewerten, da im Atlantik nur ein Bruchteil der Überfahrten registriert wird. Die Zahl der Boote, die von Westafrika auf die Kanarischen Inseln aufbrechen, hat in den letzten Wochen deutlich zugenommen. In den vier Wochen zwischen dem 28. September und dem 25. Oktober kamen schätzungsweise 5.200 Schutzsuchende auf den Inseln an, fast doppelt so viele wie im September und mehr als sechsmal so viele wie im August. Schätzungsweise 11.000 Schutzsuchende sind in diesem Jahr auf den Kanarischen Inseln angekommen. Im Vorjahr waren es im gleichen Zeitraum 2.557 Ankünfte. Im Jahr 2006 kamen über 32.000 Menschen auf den Inseln an – das war bisher größte Zahl von Schutzsuchenden auf den Inseln.
Viele Schutzsuchende, die auf die Kanarischen Inseln kommen, brechen vom Senegal auf: Allein im September registrierte die IOM 14 Boote mit 663 Schutzsuchenden, die Senegal in Richtung der Kanarischen Inseln verließen. Von diesen Booten erlitten laut IOM 26 Prozent Probleme oder Schiffbruch.
Die Zunahme der Schutzsuchenden auf dieser besonders gefährlichen Route hängt eng mit dem Mittelmeermigrationsregime zusammen. Im Mittelmeer existiert praktisch keine zivile Seenotrettung mehr und Schutzsuchende werden systematisch in Terrorstaaten wie Libyen zurückgewiesen, wo sie in Folterzentren und auf Sklavenmärkten landen.