Zivilisten aus Rojava an türkischer Grenze misshandelt

Bei einem versuchten Grenzübertritt nach Nordkurdistan sind vier Männer aus Rojava von türkischen Soldaten aufgegriffen und schwer misshandelt worden. Nach der Tortur wurden sie im Grenzgebiet ausgesetzt.

Bei versuchten Grenzübertritt

Der Vorfall ereignete sich nach Darstellung der Betroffenen in der vergangenen Nacht im Nordosten Syriens. Die vierköpfige Gruppe aus Hesekê hätte demnach versucht, aus einem Dorf unweit der Stadt Dirbêsiyê (Ad-Dirbasiyya) die Grenze auf türkisches Staatsgebiet zu überqueren. Dabei seien sie von Grenzsoldaten der türkischen Armee aufgegriffen worden.

Die Militärs hätten auf die Zivilisten massiv eingeschlagen und sie anschließend auf der syrischen Seite der Grenze wieder ausgesetzt. Dort wurden sie von einer Einheit der Inneren Sicherheit der Demokratischen Selbstverwaltung Nord- und Ostsyriens (Asayîş) entdeckt und in ein Krankenhaus gebracht. Aus der Klinik in Dirbêsiyê hieß es, dass die Körper der Männer teilweise „über und über“ mit Hämatomen übersät seien. Zwei von ihnen – ein 27-Jähriger und ein 38 Jahre alter Mann, seien schwer traumatisiert von den über mehrere Stunden dauernden Misshandlungen.

Dirbêsiyê liegt direkt gegenüber dem fast gleichnamigen Ort Dirbêsî (tr. Şenyurt) südlich von Qoser (Kızıltepe) in der nordkurdischen Provinz Mêrdîn. Die Region stellt ein kleines Abbild des geteilten Kurdistans dar, in der die Realität von Binxet und Serxet besonders deutlich wird. Binxet, also „unter der Linie“, wird verwendet, um kurdische Gebiete in Syrien nahe der türkischen Grenze zu bezeichnen. Die auf türkischem Staatsgebiet liegenden kurdischen Gebiete in unmittelbarer Nähe zur Grenze Syriens werden als Serxet bezeichnet, was „über der Linie“ bedeutet. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs wurde Anfang der 1920er Jahre das französische Mandatsgebiet des heutigen Syrien vom Osmanischen Reich abgeteilt. Die Grenze zur heutigen Türkei verläuft in diesem Bereich entlang der Bahnlinie. Damit wurden ganze Städte getrennt, darunter Dirbêsiyê sowie Dirbêsî, aber auch Qamişlo und Nisêbîn.

Mit EU-Hilfen aufgerüstete Grenze

An der Grenze zwischen den nordostsyrischen Autonomiegebieten und der Türkei kommt es immer wieder zu schweren Übergriffen der türkischen Armee. Dabei schreckt das Militär auch nicht vor Mord und Folter zurück. Anfang Juni war ein 16-Jähriger nahe Qamişlo von türkischen Soldaten erschossen worden. Die innerkurdische Grenze wurde vom türkischen Staat mit einer Mauer hochgerüstet und mit Überwachungsstationen ausgestattet. Dabei unterstützte die EU den Ausbau mit der Vergabe von Mitteln aus den EU-Beitrittshilfen für die Hochrüstung der türkischen Süd- und Ostgrenzen.