Die Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) haben die Darstellung der Türkei zurückgewiesen, wonach es zu Angriffen aus der nordostsyrischen Autonomieregion auf türkische Stützpunkte in der Besatzungszone gekommen sei, bei denen vier Soldaten verletzt worden sein sollen. Dies hatte das türkische Verteidigungsministerium unlängst geltend gemacht und damit „Vergeltungsschläge“ gegen die Autonomiegebiete begründet. „Die Behauptungen über Attacken gegen Militärposten der Türkei sind ohne Realitätsbezug“, hieß es am Montagabend in einer Stellungnahme der QSD. Mit der Verbreitung solcher Unwahrheiten verfolge die türkische Besatzerarmee das Ziel, eigene Angriffe zu legitimieren.
„Vergeltung“ gegen Dörfer und Siedlungen
Am Wochenende waren zahlreiche Dörfer in Efrîn und in Şehba von der türkischen Armee unter schweres Artilleriefeuer genommen worden. Allein am Sonntag schlugen hunderte Granaten und Raketen in der Region ein. Laut den QSD richteten sich die Angriffe in erster Linie gegen zivile Wohngebiete und nicht gegen militärische Verbände. Verletzt wurde nach bisherigem Stand niemand. Die Bombardements führten allerdings zu „erheblichen“ Sachschäden an Häusern und anderem Eigentum der Bevölkerung, betonen die QSD. Am Montag wurden die Attacken vereinzelt fortgesetzt.
Türkischer Verteidigungsminister droht mit weiteren Angriffen
Das türkische Verteidigungsministerium hatte zuvor behauptet, die „Vergeltungsangriffe gegen terroristische Ziele“ seien als Reaktion auf Attacken durch die Volksverteidigungseinheiten (YPG) erfolgt. Die YPG, die das Rückgrat der QSD bilden, hätten Stützpunkt-Gelände in den „Gebieten der Operationen Olivenzweig und Schutzschild-Euphrat“ – so bezeichnet die Türkei verschiedene Orte in ihrer illegalen Besatzungszone in Nordsyrien – mit Mörsern und Raketen attackiert. Am Montag äußerte der türkische Verteidigungsminister Hulusi Akar auf einer Pressekonferenz in Kayseri, bei den „Racheaktionen“ seiner Streitkräfte seien „zehn Terroristen neutralisiert“ worden. „Für Terroristen gibt es keinen Ausweg. Ihre einzige Chance besteht darin, sich unserer Justiz zu stellen. Andernfalls werden wir unseren Kampf mit Entschlossenheit fortsetzen. Er wird erst enden, wenn auch der letzte Terrorist neutralisiert worden ist“, drohte Akar.
QSD: Keine Verluste durch türkisches Artilleriefeuer
Die QSD wiesen auch die Behauptung Ankaras zurück, dass zehn ihrer Angehörigen durch türkische Bombardements getötet worden seien. „Wir haben keinen Verlust infolge der Angriffe der letzten drei Tage zu beklagen“, erklärte das Bündnis in seiner Mitteilung.
Altbewährte Methode für Faktenschaffung
Die Türkei verbreitet immer wieder Meldungen über angebliche Angriffe der QSD beziehungsweise ihrer Mitgliedsverbände auf türkische Besatzungstruppen. Es handelt sich um eine altbewährte Methode der Führung in Ankara, um Fakten für das eigene kriegerische Vorgehen zu schaffen. Der türkische Staat ist in der Vergangenheit immer wieder völkerrechtswidrig gegen die Teile der selbstverwalteten Regionen im Nachbarland vorgegangen. Im Verlauf von vier Angriffskriegen und Invasionen in den Jahren 2016, 2018 und 2019 wurden große Gebiete im Grenzstreifen besetzt, darunter Efrîn, Serêkaniyê (ar. Ras al-Ain), Girê Spî (Tall Aybad) und die Region um Kaniya Dil (Cerablus). Das im Vorfeld als Rechtfertigung für die Invasionen geltend gemachte Selbstverteidigungsrecht, das in Artikel 51 der UN-Charta verbrieft ist, lag damals wie heute nicht vor. Im Völkerrecht gibt es überdies kein Recht auf Vergeltung: das Selbstverteidigungsrecht umfasst kein Recht auf Rache.
Staatengemeinschaft lässt Ankara gewähren
Die internationale Staatengemeinschaft lässt die Kriegstreiberin Türkei dennoch gewähren. Reaktionen auf die systematischen Verletzungen des Völkerrechts durch Ankaras Truppen in Nord- und Ostsyrien gibt es so gut wie keine und auch der seit Jahren vom türkischen NATO-Staat gegen die Region geführte Drohnenkrieg stößt nicht auf Ablehnung. Auch der Anschlag auf Mazlum Abdi, Generalkommandant der QSD, die dem Westen als „wichtigste Verbündete“ im Kampf gegen den „Islamischen Staat“ gelten, wird weitestgehend ignoriert.