Italienischer Soziologe fordert stärkeren Einsatz für Öcalans Freiheit

Der italienische Soziologie-Professor Gianni Piazza fordert mehr Einsatz für die Freilassung von Abdullah Öcalan – und betont die weltweite Bedeutung seiner politischen Ideen.

Friedensappell erhält internationale Unterstützung

Der Aufruf für Frieden und eine demokratische Gesellschaft des kurdischen Vordenkers Abdullah Öcalan stößt international auf große Resonanz. Während in vielen Regionen – von Libyen über die Ukraine bis hin zum Nahen Osten – militärische Konflikte eskalieren, fand Öcalans Botschaft insbesondere bei linken, feministischen und ökologischen Bewegungen Beachtung.

Auch in Europa wird der Appell breit diskutiert. Ein sichtbares Zeichen dieser internationalen Auseinandersetzung war die Konferenz „Freiheit für Abdullah Öcalan – Eine politische Lösung der kurdischen Frage“, die vor rund einer Woche in der italienischen Hauptstadt Rom stattfand (ANF berichtete). Dort versammelten sich Vertreter:innen aus Wissenschaft, Politik und Zivilgesellschaft, um über Wege zu einer politischen Lösung der kurdischen Frage und die Situation Öcalans zu beraten.


Unter den Teilnehmer:innen war auch Gianni Piazza von der Universität Catania in Sizilien. Der Professor für Soziologie beschäftigt sich seit Jahren mit Fragen der politischen Selbstverwaltung in Kurdistan und unterrichtet an seiner Universität zu Themen wie dem Demokratischen Konföderalismus und der Rojava-Revolution. Er ist zudem Mitglied im Komitee für Solidarität mit dem kurdischen Volk in Sizilien.

„Diese Ideen gehen weit über Rojava hinaus“

Im Gespräch mit ANF betonte Piazza die Bedeutung von Öcalans Aufruf. Dieser sei nicht nur ein Plädoyer für Frieden, sondern beinhalte auch die praktische Umsetzung der Ideen des Demokratischen Konföderalismus – und sei somit nicht nur auf Rojava, sondern auf viele gesellschaftliche Kontexte übertragbar.

Er sehe sich und andere Aktivist:innen in der Verantwortung, zur Verbreitung dieser Ideen beizutragen. „In vielen linken und zivilgesellschaftlichen Organisationen gibt es bereits Unterstützung für Öcalans Freiheit und seine politischen Konzepte. Doch das reicht nicht – diese Unterstützung muss viel breiter werden“, fordert Piazza.

Die universitäre Lehre sieht Piazza als zentrales Werkzeug zur Vermittlung gesellschaftlicher Alternativen. „Ich unterrichte politische Soziologie – und darin ein spezielles Modul über den Demokratischen Konföderalismus und die Rojava-Revolution. Viele junge Menschen wissen nur sehr wenig über die Entwicklungen in Kurdistan. Deshalb ist es wichtig, dass ich diesen Stoff in meine Lehre integriere.“ Jede und jeder solle im eigenen Wirkungsfeld zur Verbreitung dieser Ideen beitragen – sei es in Bildung, politischer Arbeit oder zivilgesellschaftlichem Engagement, betont Piazza.

Öcalans Freiheit als Voraussetzung für Frieden

Er unterstreicht, dass Öcalans trotz zahlreicher Proteste und Initiativen seit 1999 auf der türkischen Gefängnisinsel Imrali andauernde Inhaftierung ein schwerwiegendes Hindernis für den Friedensprozess darstelle. „Seine physische Freiheit wurde trotz des Widerstands in Kurdistan, Europa und weltweit bislang nicht erreicht. Doch das bleibt unsere Hoffnung – und unser Auftrag.“

Türkei: Repression statt Reform

Piazza forderte die internationale Gemeinschaft auf, mehr politischen Druck auf Regierungen – insbesondere auf die türkische – auszuüben, um die Bedingungen für einen politischen Wandel zu schaffen. Besorgt äußerte er sich auch über die aktuelle politische Lage in der Türkei. Die Verhaftung und Absetzung des Istanbuler Oberbürgermeisters Ekrem Imamoğlu sei ein weiteres Beispiel für den autoritären Kurs der Regierung. „Die politische Atmosphäre ist angespannt und unvorhersehbar. Ein demokratischer Wandel ist dringend notwendig. Die Bewegung für Öcalans Freiheit könnte ein Schlüssel sein, um diesen Wandel einzuleiten.“