Qamişlo verabschiedet seine Toten
In Qamişlo haben Tausende Abschied von sechs Opfern eines türkischen Drohnenangriffs auf die Mahnwache an der Tişrîn-Talsperre genommen.
In Qamişlo haben Tausende Abschied von sechs Opfern eines türkischen Drohnenangriffs auf die Mahnwache an der Tişrîn-Talsperre genommen.
Mit einer von Wut, Trauer und Widerstand geprägten Zeremonie hat die nordostsyrische Stadt Qamişlo Abschied von sechs Todesopfern des türkischen Drohnenterrors gegen die Tişrîn-Talsperre genommen. Bewohnerinnen und Bewohner der Metropole strömten zu Tausenden zu einem Marsch, der zum Gefallenenfriedhof Delîl Sarûxan führte. Schon Stunden vor dem Gedenkmarsch versammelten sich unzählige Menschen vor dem Krankenhaus, um die Särge der Toten in Empfang zu nehmen und sie in einer Prozession zur Begräbnisstätte zu begleiten.
19 Friedensaktivist:innen in zwei Wochen getötet
Cuma Xelîl war Schauspieler des Theaterensembles Bavê Teyar, Ekrem Rexo Aktivist des Rates für Angehörige von Gefallenen, Menîce Heyder die Ko-Vorsitzende des lokalen PYD-Büros, Muzefer Mihemed und Ebdulqadir Îbrahîm waren Stadtverordnete und Kêfo Osman, der als Fußballtrainer arbeitete, engagierte sich ebenfalls im Rat der Gefallenenangehörigen. Am Samstag wurden sie bei einem Drohnenangriff des türkischen Staates auf die Friedenswache am Tişrîn-Damm ermordet. Seit Beginn der Initiative vor knapp zwei Wochen wurden insgesamt 19 Zivilpersonen durch Angriffe auf die Energieanlage getötet, weit über hundert weitere wurden verletzt, darunter auch zwei Deutsche.
„Die Gefallenen sind unsterblich“
An dem Trauerzug nahmen auch viele Vertreter:innen kurdischer, arabischer, armenischer und assyrischer Parteien und Organisationen teil, auch Repräsentierende der multiethnischen und multireligiösen Militärverbände in der Region, der Selbstverwaltung und der Stammesverbände waren gekommen, um den Toten die letzte Ehre zu erweisen. Die Menschen liefen mit Bildern der Ermordeten und Fahnen der Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) durch die Stadt und skandierten immer wieder „Şehîd namirin“ (Die Gefallenen sind unsterblich). Auch wurden Parolen zur Unterstützung der QSD und ihres Widerstands gegen eine Besetzung des Tişrîn-Damms durch die Türkei und deren Söldner gerufen.
Yûsif: Wir werden uns nicht beugen
Die PYD-Politikerin Foza Yûsif sprach nach einer Schweigeminute auf dem Friedhof den Angehörigen der Todesopfer und der Bevölkerung Nordostsyriens ihr Mitgefühl aus. Den durch die türkischen Angriffe Verwundeten wünschte Foza Yûsif eine rasche Genesung. „Der türkische Staat will uns unserer Identität und Rechte berauben. Geht es nach ihm, ist im neuen Syrien kein Platz für die kurdische Bevölkerung. Doch wir werden uns nicht beugen. Wir werden kämpfen – für unsere Freiheit, unsere Würde und unsere Rechte“, sagte die kurdische Politikerin als Vorstandsmitglied der PYD.
Loqo: Türkei handelt in genozidaler Absicht
Die Sprecherin der Frauenbewegung Kongra Star Rîhan Loqo sagte, hinter den Angriffen der Türkei gegen Nord- und Ostsyrien stehe ein in „genozidaler Absicht“ unternommene Versuch, das kurdische Volk zu vernichten. Die Luft- und Drohnenschläge auf den Tişrîn-Damm und Teilnehmende der dortigen Mahnwache hätten die antikurdische Mentalität und die geplante Vollendung des Genozids an den Kurdinnen und Kurden zum wiederholten Mal veranschaulicht.
Auch in Deir ez-Zor gefallener QSD-Kämpfer beigesetzt
Der muslimische Geistliche Mihemed Mele Reşîd Gerzanî (auch El-Xerzî), der Vorsitzender des Demokratischen Islam-Kongresses ist, würdigte die Menschen, die sich trotz „abscheulichen Angriffen“ an der Mahnwache beteiligen: „Wir denken an ihren Widerstand um Frieden und Freiheit in unserem Land.“ Es sei ein Kampf für ein würdevolles Leben, betonte Gerzanî und betonte, dass durch die Angriffe auf den Tişrîn-Damm aktuell rund eine halbe Million Menschen keinen Zugang zu Wasser und Strom haben. Für die verantwortlichen türkisch-dschihadistischen Aggressoren hatte der Gelehrte nur verachtende Worte übrig.
Nach weiteren Reden wurden die Gefallenenurkunden verlesen und den Angehörigen überreicht. Beerdigt wurde auch der QSD-Kämpfer Şahîn Nezîr Îbrahîm, der nach Angaben des Bündnisses bei Gefechten mit der Baath-Miliz Difa al-Watani im ostsyrischen Deir ez-Zor ums Leben kam. Bei der Beisetzung riefen die Menschen „Şehîd namirin“.