Freiheit für Abdullah Öcalan
Seit mehr als 25 Jahren ist Abdullah Öcalan, Vordenker der kurdischen Befreiungsbewegung und politischer Repräsentant, inzwischen in der Türkei in politischer Geiselhaft. Und genauso lange demonstrieren Kurdinnen und Kurden sowie Angehörige anderer unterdrückter Nationen, die seine Ideen als Lösungsvorschläge für ihre Probleme begreifen, zum Jahrestag des Beginns des „internationalen Komplotts“. Am 9. Oktober 1998 musste Öcalan auf internationalen Druck durch die Türkei und die NATO Syrien verlassen und begab sich auf eine Odyssee für einen Friedensprozess, die am 15. Februar 1999 durch eine internationale Geheimdienstoperation in seine Verschleppung aus der griechischen Botschaft in Nairobi auf die türkische Gefängnisinsel Imrali mündete. Dieser Tag ist für viele Menschen ein Tag des Protests, denn die Situation Öcalans gilt auch als Gradmesser für die Situation des kurdischen Volkes und anderer von Krieg betroffenen Nationen im Nahen Osten, etwa in Nord- und Ostsyrien. Der 75-Jährige befindet sich in absoluter Isolationshaft, seit nunmehr dreieinhalb Jahren können ihn weder seit Anwaltsteam noch seine Familie besuchen. Viele Menschen machen sich Sorgen um sein Leben und fordern seine Freilassung sowie die Möglichkeit für Öcalan, sich an Gesprächen für eine Lösung der kurdischen Frage zu beteiligen. Die ungelöste Kurdistan-Frage gilt als eine der Hauptursachen für die Systemkrise in der Türkei und die Institutionalisierung der Kriegssituation in der Region.
Auftaktkundgebung einer Demonstration in Kobanê © ANHA
Nicht nur viele Kurdinnen und Kurden begreifen Öcalan als einzigen Akteur mit einem Lösungsplan für die vielfältigen Krisen in der Türkei sowie im Nahen Osten. Auch in Nord- und Ostsyrien, wo sein Paradigma einer demokratischen Nation seit der Rojava-Revolution umgesetzt wird, verstehen die Menschen den PKK-Begründer als Architekten für Freiheit und Frieden, dessen Name hinter einer politischen und demokratischen Lösung der kurdischen Frage und der Idee einer gleichberechtigten Koexistenz aller Völker steht. Diese Realität spiegelt sich aktuell auch auf den Straßen in der Autonomieregion Nord- und Ostsyriens wider: In vielen Orten finden Demonstrationen, Kundgebungen, Informationsveranstaltungen und andere Aktionen statt, um das Ende der Isolation auf Imrali und Bedingungen für Öcalan einzufordern, in denen er frei leben und arbeiten kann, um so zur Lösung der kurdischen Frage und damit für ein Ende des Krieges in Kurdistan beizutragen. In Kobanê etwa finden gleich zwei Demonstrationen statt – ein langer Protestzug zieht derzeit Richtung Stadtmitte, wo eine große Kundgebung stattfinden soll. Eine zweite Demonstration läuft bereits seit Samstag und ist eine Veranstaltung der Revolutionären Jugendbewegung Nord- und Ostsyriens. Deren „langer Marsch“, der in der Ortschaft Çelebiyê startete und eine Strecke von rund 50 Kilometern hinlegte, wird im Laufe des Nachmittags zur Kundgebung stoßen.
Langer Marsch der Jugend © ANHA
In Aleppo gab es schon gestern eine große Demonstration mit tausenden Teilnehmenden. In Til Temir fanden zwei von der Partei PYD organisierte Informationsveranstaltungen zu den Hintergründen des internationalen Komplotts und den Dimensionen der Isolation, die Abdullah Öcalan auf Imrali auferlegt wird, statt. Der Politiker Ridwan Xelef beschrieb bei einem der Panels die Insel im Marmarameer als „Ausgangsbasis aller Entwicklungen“ in der Türkei und in Kurdistan. Auf Imrali herrsche ein „Ausnahmezustandsregime“, das sich als Maßnahme mit normativem Charakter auf alle Bereiche des Lebens auswirke und eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung der türkischen Kriegspolitik spiele. „Das Imrali-System ist ein Wundbrand, der die Gesellschaften in Nahost fest im Griff hat“, so Xelef.
Demonstration in Aleppo © ANHA
Darüber hinaus gab es in diversen Städten kleinere Aktionen und Zusammenkünfte verschiedener Gruppen, Initiativen und Organisationen, darunter der Frauenbewegung und der Selbstverteidigungseinheiten HPC, mit denen zu einer Großdemonstration in Qamişlo mobilisiert wurde. Dort findet am kommenden Mittwoch die zentrale Protestveranstaltung anlässlich des 9. Oktober statt. Organisatorin ist die Volksinitiative Qamişlo.