„Mein Sohn ist auf dem Weg der Wahrheit gefallen“

„Ich habe die Augen, die das Massaker hinausschrien, mit meinen eigenen Händen geschlossen. Mein Sohn ist auf dem Weg der Wahrheit gefallen. Ich gebe mein Wort, seinen Weg fortzusetzen“, sagt der Vater des getöteten Journalisten Seed Ehmed.

Der kurdische Journalist Seed Ehmed ist am Sonntag mit zehn weiteren Menschen bei der türkischen Invasion in Nordsyrien ums Leben gekommen. Der Korrespondent der Nachrichtenagentur ANHA begleitete mit weiteren Journalist*innen einen Zivilkonvoi in die umkämpfte Stadt Serêkaniyê (Ras al-Ain), als die türkische Luftwaffe die Fahrzeuge bombardierte. Die Menschen waren aus Cizîrê aufgebrochen, um sich mit dem Widerstand der Bevölkerung von Serêkaniyê zu solidarisieren. 74 Personen, darunter unser Korrespondent Ersin Çaksu und die Journalist*innen Mehmet Ekinci, Bircan Yıldız und Rojbîn Ekinci, wurden bei dem Angriff verwundet. Sie alle hatten seit Beginn der türkischen Invasion am 9. Oktober aus Serêkaniyê berichtet.

Die Opfer des Angriffs waren gestern in verschiedene Krankenhäuser in Qamişlo, Hesekê, Til Temir und Amûdê eingeliefert worden. Große Menschenmengen versammelten sich daraufhin vor den Kliniken, um den Angehörigen Beistand zu leisten.

Nach Til Temir wurde auch Seed Ehmed gebracht. Nachdem sein Leichnam von seinem Vater Şêxmûs Ehmed identifiziert wurde, hielt dieser eine berührende Rede. Ehmed erklärte: „Ich habe die Augen, die das Massaker hinausschrien, mit meinen eigenen Händen geschlossen. Mein Sohn ist auf dem Weg der Wahrheit gefallen. Es ist für uns ein Tag der Ehre und Würde. Als Vater gebe ich mein Wort, seinen Weg fortzusetzen.“

Vor dem Krankenhaus von Til Temir wartete außerdem Mihemed Ebdulrehîm, Ko-Vorsitzender des Rates von Dêrik. Er wies in einer kurzen Ansprache darauf hin, dass die türkische Armee Kenntnis darüber hatte, dass es sich um einen zivilen Konvoi handelte. „Die Besatzungsarmee der Türkei hat die Zivilisten wissentlich zum Ziel genommen. Die Aufklärungsdrohnen des türkischen Staates haben den Konvoi bis nach Serêkaniyê überflogen. Kaum hatten die Fahrzeuge die Stadt erreicht, begann die Bombardierung. Das zeigt uns die Absicht des türkischen Staates, einen Völkermord zu begehen.“