Die türkische AKP/MHP-Regierung wittert die Gelegenheit für eine Besatzung Nord- und Ostsyrien und hat über die Vermittlung Russlands und des Iran ihren Kontakt zum syrischen Regime intensiviert. Die Gespräche in Teheran, Moskau, Bagdad und auf dem Militärflugplatz Hmeimim der russischen Luftstreitkräfte bei Latakia in Westsyrien, an denen teilweise auch der türkische Geheimdienstchef Hakan Fidan teilgenommen hat, sollen sich im Rahmen des Adana-Abkommens [von 1998; erlaubte der Türkei „bei Bedrohung“ syrisches Territorium zu betreten und erzwang den Abzug der PKK aus Syrien — Anm. d. Red.] bewegen.
Der türkische Staat hat das vom 5.-7. August entstandene Abkommen mit den USA zur „Grenzsicherheit“ anfangs positiv aufgenommen. Erst nach dem Moskau-Besuch des türkischen Präsidenten Tayyip Erdoğan am 27. August wurde signalisiert, dass das Abkommen nicht anerkannt wird und es neue Initiativen für eine Besatzung der Region gibt. Die Besatzungsandrohungen wurden nach dem Dreiergipfel von Erdoğan, Putin und Ruhani in Ankara Anfang September nochmals verschärft.
Gespräche in Teheran, Moskau und Hmeimim
Nach vorliegenden Informationen hat das Erdoğan-Regime seine seit einer Weile über verschiedene Kanäle und Vermittler laufenden Kontakte zum syrischen Regime nach dem Gipfeltreffen in Ankara intensiviert. In Teheran, Moskau und Hmeimim wurden Gespräche geführt, an denen auch Hakan Fidan als Leiter des türkischen Geheimdienstes MIT teilnahm. Wie den Medien zu entnehmen war, ist außerdem der türkische Parlamentspräsident Mustafa Şentop in Bagdad mit Vertretern des syrischen Regimes zusammengetroffen.
Maßgebliches Ziel: Vernichtung der Kurden
Erdoğan hat den syrischen Regimechef Baschar Assad jahrelang als Mörder bezeichnet. Der gemeinsame Punkt, an dem sie wieder zusammentreffen, ist das Adana-Abkommen von 1998. Mutmaßlich treten der eurasische und der Ergenekon-Flügel des Erdoğan-Regimes dafür ein, dass sich die Umsetzung dieses Abkommens auf die Auslöschung der kurdischen Errungenschaften beschränken soll.
Der MIT soll bei den von Russland und dem Iran vermittelten Gesprächen mit dem syrischen Geheimdienst Mukhabarat zugesagt haben, dass die territoriale Gesamtheit Syriens nicht angegriffen wird. Nach der Vernichtung der Kurden und dem Rückzug der USA aus der Region soll sich die Türkei gemäß des Adana-Abkommens in einen fünf Kilometer breiten Streifen entlang der Grenzlinie zurückziehen.
Der Anteil des syrischen Regimes
Weiterhin soll bei den Treffen geplant worden sein, dass nach der türkischen Invasion die Gebiete um Deir ez-Zor, Raqqa, Tabqa und Hesekê unter die Kontrolle des syrischen Regimes kommen sollen. Auch über eine Umsetzung dieses für die Gebiete östlich des Euphrat vorgesehenen Plans in den ohnehin von der Türkei besetzten nordsyrischen Regionen Dscharablus, Azaz, al-Bab, Efrîn und Idlib soll gesprochen worden sein.
Rückzug der USA aus der Region
Der Plan sieht einen Abzug der US-dominierten internationalen Koalition aus der Region vor und wird von Russland und dem Iran unterstützt. Nach vorliegenden Informationen soll Russland als Beispiel genannt haben, dass während der Invasion in Efrîn einige von den YPG/YPJ kontrollierten Gebiete in Aleppo und ein großer Teil von Şehba vom syrischen Regime eingenommen wurden.
Signalisierte Unterstützung
Noch ist unklar, ob dieser Plan, der zwischen dem türkischen Staat und dem syrischen Regime besprochen wurde, Anerkennung findet. Der russische Außenminister Sergej Lawrow hat vor kurzem „Verständnis für die Sicherheitsbedenken der Türkei“ geäußert und auf das Adana-Abkommen als mögliche Lösung verwiesen. Das syrische Regime bezeichnete die Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) als terroristisch und auch der iranische Präsident Ruhani hat auf dem Gipfel in Ankara das Abkommen von Adana angesprochen.