Die Sicherheitskräfte der Autonomieverwaltung von Nord- und Ostsyrien (Asayîş) haben am Donnerstag einen Ausbruchsversuch im Sina-Gefängnis in Hesekê vereitelt. Mit mutmaßlichen Handlangern der Einsitzenden sind außerhalb des Gebäudekomplexes Gefechte ausgebrochen, nach den Männern wird gefahndet. Auf dem Gelände eines Ölkonzerns explodierten mehrere Dieselfässer, offenbar war eine Autobombe der Auslöser. Durch die Explosion entstanden flammende Druckwellen, verletzt wurde nach bisherigen Informationen allerdings niemand.
Das Sina-Gefängnis im Industriegebiet des Stadtteils Xiwêran (Ghweiran) beherbergt mehr als 5.000 Anhänger sowie Mitglieder der Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) aus rund fünfzig Ländern, darunter hochgradig gefährliche IS-Dschihadisten. Nach Angaben der Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) hat es sich bei dem heutigen Vorfall um einen gescheiterten Befreiungsversuch von den Gefangenen gehandelt, der vermutlich von Schläferzellen der Dschihadistenmiliz ausgeführt wurde. Zeitgleich zu den Geschehnissen außerhalb der Gefängnismauern seien Unruhen im Gebäude ausgebrochen, die allerdings schnell eingedämmt werden konnten, so die QSD.
Explosion auf dem Gelände der Firma Sadkop. Laut dem QSD-Pressesprecher Farhad Shami fiel der Aufstand mit dem Autobombenanschlag kurz zuvor zusammen.
Sowohl der Asayîş als auch die QSD verschärfen die Sicherheitsvorkehrungen in der Gegend um die Haftanstalt. Aufklärungsflugzeuge der internationalen Anti-IS-Koalition kontrollieren den Luftraum über der Region, auch innerhalb des Gefängnisses läuft bereits eine Operation. Berichte über die angebliche Flucht von mehr als einem Dutzend Gefangenen wurden dementiert. Eine detaillierte Stellungnahme wollen die Sicherheitskräfte zu einem späteren Zeitpunkt abgeben.
Immer wieder Revolten
Im Sina-Gefängnis kommt es nicht zum ersten Mal zu einem Ausbruchsversuch von IS-Gefangenen. Zuletzt war im November eine von langer Hand geplante Befreiungsaktion für die Dschihadisten von Sicherheitskräften der Autonomieverwaltung verhindert worden. Durch den breit angelegten Einsatz von Antiterroreinheiten (H.A.T.) des Asayîş war zwar auch die ausführende IS-Zelle festgesetzt worden, jedoch nicht ihr Verantwortlicher. Im Dezember folgte dann auch die Verhaftung des Kopfs der Truppe: Mohammed Abid al-Awad aka „Rasheed“. Er galt bis zu seiner Festsetzung als einer der gefährlichsten IS-Führungsmitglieder in Syrien. Beim Angriff auf die westkurdische Stadt Kobanê führte er ab September 2014 das „Panzerbataillon“ des IS an.
Internationale Staatengemeinschaft ignoriert Warnungen
Nord- und Ostsyrien warnt immer wieder vor Problemen mit der Unterbringung von IS-Gefangenen und appelliert an die internationale Staatengemeinschaft, eine Lösung zu finden – vergeblich. Die Last bleibt weiterhin auf den Schultern der Autonomieverwaltung und ihrer Institutionen liegen. In den Haftanstalten und Auffanglagern der Autonomieverwaltung warten tausende IS-Mitglieder und ihre Angehörigen auf eine Gelegenheit zur Flucht, die nicht nur eine Gefahr für Syrien bedeuten würde. Im Fall der inhaftierten Dschihadisten spricht die Selbstverwaltung sogar von „entsicherten Handgranaten“, bei denen niemand sagen könne, wann und wo sie explodieren werden. Daher müsse ein internationales Tribunal zur juristischen Aburteilung der IS-Täter in nordostsyrischer Haft eingerichtet werden, lautet die Forderung.