Die Demokratische Selbstverwaltung in der Region Nord- und Ostsyrien (DAANES) hat den türkischen Drohnenangriff vom Sonntag scharf verurteilt und als „Staatsterrorismus zugunsten des IS“ bezeichnet. Die Bombardierung einer Einrichtung für Kriegsversehrte sei ein „deutliches Zeichen“ der Bemühungen der türkischen Führung, dem „Bündnispartner Islamischer Staat“ (IS) zur Reorganisierung zu verhelfen und „günstige Bedingungen“ für Angriffe von Schläferzellen der Dschihadistenmiliz in der Autonomieregion herzustellen, erklärte die DAANES am Montag in einer Mitteilung.
Am Sonntagvormittag hatte eine unbemannte Kampfdrohne der türkischen Armee in Qamişlo ein Rehabilitationszentrum der Föderation der Kriegsversehrten Nord- und Ostsyriens bombardiert. Die 2020 gegründete Einrichtung gewährleistet die gesundheitliche Versorgung von Kriegsversehrten vom Kampf gegen den IS und setzt sich für ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt ein. Ein Schwerpunkt des Zentrums ist die Integration der Kriegsversehrten in die Arbeit der Verwaltungsstrukturen der Selbstverwaltung. Mehrere Menschen wurden bei dem Angriff zum Teil schwer verletzt.
„Die Bombardierung einer Einrichtung für Menschen, die im Kampf gegen den Terror verwundet wurden und durch ihr Wirken dazu beigetragen haben, die Territorialherrschaft des IS zu zerschlagen, ist eine eindeutige Botschaft des türkischen Staates“, betont die DAANES. Damit wolle Ankara den Extremisten des IS und anderer Gruppen weiter die Gelegenheit bieten, sich neu zu formieren und sie für ein Wiederaufleben des Terrors inspirieren. „Es ist an der Zeit, dass die Staaten, die gegen den IS und dessen extremistische Mentalität kämpfen, insbesondere die internationale Anti-IS-Koalition, den türkischen Staat als das anerkennen, was er ist: ein jenseits von humanitären Moralvorstellungen und Werten handelnder Besatzerstaat, der sich als Schutzpatron des IS erwählt hat“, so die Selbstverwaltung.
In ihrer Mitteilung weist die DAANES darauf hin, dass die Türkei schon länger systematisch vorgehe, um den Kampf gegen den IS zu untergraben. Zuletzt sei dies durch einen Drohnenangriff deutlich geworden, der sich Anfang Februar ebenfalls in Qamişlo ereignete. Ziel des Luftschlags mit vier Toten waren die Kräfte der inneren Sicherheit (Asayîş), die zu dem Zeitpunkt eine Sicherheitsoperation im Auffang- und Internierungslager Hol durchführten. Das Camp in der Nähe von Hesekê gilt als Brutstätte und neue „Hauptstadt“ des IS und beherbergt derzeit etwa 50.000 Menschen. Ein nicht unbedeutender Teil der Bewohnerschaft setzt sich aus Ehefrauen und Kindern von inhaftierten oder getöteten IS-Mitgliedern zusammen, die innerhalb des Lagers die Reorganisierung der Terrormiliz vorantreiben und über klandestine Zellen Anschläge verüben.
Dass die Türkei so ungeniert, direkt und offen Staatsterror gegen Nord- und Ostsyrien sowie die Partner der internationalen Anti-IS-Koalition praktiziere und selbst Kriegsversehrte angreife, „denen die gesamte Menschheit für ihren Einsatz gegen den IS zu Dank verpflichtet ist“, sei die Konsequenz der internationalen Ignoranz gegenüber den Astana-Staaten, erklärte die DAANES weiter. Diese Formation arbeite offen gegen das System der Demokratischen Selbstverwaltung in der Region Nord- und Ostsyrien, um den Status quo der Herrschenden zu bestätigen. Demgegenüber garantiere das Projekt der Selbstverwaltung Demokratie, Geschwisterlichkeit und Einheit. „Und daran werden wir für die Freiheit und Sicherheit unserer Völker weiter festhalten“.