Çiya Kurd: Schwächung der Selbstverwaltung bedeutet globale Bedrohung

Der Ko-Vorsitzende des Büros für Außenbeziehungen der Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien, Bedran Çiya Kurd, warnt, eine Schwächung der Selbstverwaltung würde die dschihadistischen Gruppen stärken und sie zur globalen Bedrohung machen.

Der türkische Staat setzt seine Angriffe auf die selbstverwalteten Regionen in Nord- und Ostsyrien immer weiter fort. Am Dienstagabend wurde eine Hühnerfarm bei Kobanê durch einen Drohnenangriff zerstört. Neben Angriffen auf die zivile Infrastruktur erfolgen auch gezielte Luftangriffe auf Personen, die wichtige Funktionen in der Selbstverwaltung ausüben, sowie gegen die Sicherheits- und Verteidigungskräfte. Am 2. Februar griff eine türkische Drohne ein Zentrum der Kräfte der Inneren Sicherheit (Asayîş) in Qamişlo an. Dabei wurden vier ihrer Mitglieder getötet.

Parallel zu den türkischen Angriffen reorganisiert sich der IS. Ein Zentrum der IS-Organisierung ist dabei das Camp Hol, in dem Dschihadistinnen und ihre Kinder untergebracht sind. Am 27. Januar starteten die Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) und die YPJ gemeinsam mit den Kräften der Inneren Sicherheit eine Operation in dem Lager. Innerhalb von elf Tagen wurden 85 IS-Mitglieder gefasst und viele Waffen, Sprengstoff und militärische Ausrüstung sichergestellt. Zur Destabilisierung der Region trägt aber auch der Konflikt zwischen den USA und dem Iran bei, der teilweise auf syrischem Territorium ausgetragen wird. Die Nachrichtenagentur Mezopotamya (MA) sprach mit dem Ko-Vorsitzende des Büros für Außenbeziehungen der Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien, Bedran Çiya Kurd, über die Entwicklungen.

Konsens in Astana über Angriffe auf Infrastruktur“

Çiya Kurd kritisierte das internationale Schweigen zur Zerstörung der zivilen Infrastruktur durch die türkischen Angriffe: „Dies zeigt, dass im Astana-Format ein Konsens hinsichtlich der türkischen Aggression gegen Nord- und Ostsyrien gefunden wurde. Die Türkei hat die Infrastruktur der Region angegriffen und die Lebensgrundlagen der Menschen dort zerstört. Diese Angriffe haben die Qualität eines Genozids an den Völkern der Region. Nach internationalen Konventionen hat die Türkei ein Kriegsverbrechen begangen. Der türkische Außenminister hatte bereits vor dem Angriff angekündigt, dass man die Infrastruktur der Region angreifen werde. Allein diese Aussage ist ein Verbrechen. Die ganze Welt hat es gehört, aber es gab keine einzige Stimme aus der internationalen Gemeinschaft, die sich dagegen erhoben hätte. Das hat der Türkei erlaubt, diese Angriffe auszuweiten.“

Wir haben uns an die Vereinten Nationen gewandt“

Nach den Angriffen begannen die Wiederaufbauarbeiten an der Infrastruktur. Çiya Kurd berichtete: „Die Angriffe verursachten schwere Schäden für die Völker der Region. Die Lebensgrundlagen der Menschen wurden zerstört. Die Selbstverwaltung begann mit dringlichsten Maßnahmen zur Wiederherstellung der Versorgung mit dem Lebensnotwendigen. Sie hat die Wunden der Menschen gelindert. Die Völker in Nord- und Ostsyrien haben deutlich Position gegen diese Angriffe bezogen. Wir haben bei den Vereinten Nationen (UN) beantragt, dass die Türkei wegen der von ihr begangenen Kriegsverbrechen strafrechtlich verfolgt wird. Gleichzeitig haben wir alle Staaten der Welt über die Angriffe der Türkei unterrichtet. Auch im Ausland führen wir verschiedene Aktivitäten zu den von der Türkei begangenen Kriegsverbrechen durch. Die Türkei missachtet die Kurdinnen und Kurden seit ihrem Bestehen und leugnet ihre Rechte. Mit diesen Angriffen will sie die kurdischen Errungenschaften zerstören. Dagegen werden wir einen umfassenden und starken Kampf führen.“

Es nützt dem IS“

Insbesondere von den türkischen Drohnenangriffen profitiere der IS, sagte Çiya Kurd und berichtete vom türkischen Drohnenangriff auf das Hauptquartier der Asayiş in Qamişlo, bei dem vier Mitglieder der Sicherheitskräfte getötet wurden: „Zu diesem Angriffskonzept gehört, dass Gruppen, die mit Syrien und dem Iran verbunden sind, Chaos in der Region stiften sollen, indem sie Stämme in Deir ez-Zor, Raqqa und Minbic gegen die Selbstverwaltung aufhetzen. Das sind beunruhigende Entwicklungen für die Region. Gruppen wie der IS nutzen dieses chaotische Umfeld aus und verstärken ihre Organisation in den Lagern.“

Çiya Kurd betonte, die Selbstverwaltung lege ihren Schwerpunkt immer auf den Dialog: „Als Selbstverwaltung werden wir uns niemals an den Kriegen beteiligen, die das Chaos in der Region verschärfen. Wir wollen, dass das Chaos in der Region ein Ende hat. Deshalb sind wir dafür, dass sich alle Parteien zusammensetzen und die Probleme im Dialog lösen. Wenn diese Angriffe weitergehen, werden sich die Probleme und das Chaos in der Region verschärfen. Als Selbstverwaltung sind wir bestrebt, unsere Errungenschaften in der Region mit allen unseren Institutionen gegen dieses chaotische Umfeld zu verteidigen.“

Die Selbstverwaltung unterstützen“

Über die Operation in Camp Hol berichtete Çiya Kurd: „Es gibt permanent Operationen gegen den IS. Wir setzen unseren Kampf fort, um zu verhindern, dass der IS in der Region wieder stärker wird. In letzter Zeit hat der IS seine Organisation vor allem in den Lagern verstärkt. Gemeinsam mit den Koalitionsstreitkräften haben wir eine elftägige Operation gegen die IS-Strukturen in Camp Hol durchgeführt. Dabei wurden 85 IS-Mitglieder festgenommen und zahlreiche Waffen und militärische Ausrüstung beschlagnahmt. Diese Operation zeigt den Kampf der Selbstverwaltung gegen Strukturen, die eine Bedrohung für alle Völker der Welt darstellen. In Anbetracht dessen verstärkt die Türkei ihre Angriffe. Eine weitere Entwicklung war der Angriff iranischer Gruppen auf die US-Basis al-Omar in Deir ez-Zor. Diese Angriffe in Syrien sind nicht unabhängig voneinander. Sie sind Teil desselben Konzepts. Wenn die Selbstverwaltung geschwächt wird, werden die dortigen Gruppen eine Bedrohung für alle Völker der Welt darstellen. Die Angriffe der Türkei und des Iran kommen diesen Gruppen zugute. Dagegen sollten die internationalen Staaten die Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien unterstützen.“