Şamî: Unser Ziel ist es, den Frieden zu garantieren

Der QSD-Pressesprecher Ferhad Şamî berichtet, dass die türkischen Angriffe auf Nordostsyrien mit dem Jahreswechsel zugenommen haben. Die Aufgabe der QSD sei es, den Frieden zu garantieren.

Die Angriffe des türkischen Staats und seiner Söldner auf Nord- und Ostsyrien dauern an. Innerhalb der letzten Wochen kamen 13 Zivilist:innen, unter ihnen auch Kinder, durch bewaffnete Drohnen ums Leben. Viele weitere wurden verletzt. Zuletzt wurden am 8. Januar bei Angriffen auf die Dörfer Elîşar, Til Hacib, Qeremox, Xanî, Serzûrî und Gultepe bei Kobanê eine Person getötet und 12 weitere verletzt. Im Gespräch mit der Nachrichtagentur Mezopotamya bewertet der Pressesprecher der Demokratischen Kräfte Syriens (QSD), Ferhad Şamî, die fortschreitenden Angriffe auf die Region und kritisiert das Schweigen der Garantiemächte zu den tödlichen Attacken auf die Zivilbevölkerung.

2021: Angriffe des IS und der türkischen Truppen

Şamî berichtet, das Jahr 2021 sei von Angriffen der türkischen Besatzungstruppen, ihrer Söldner und des IS sowie dem Widerstand dagegen geprägt gewesen. „Es war ein Jahr mit Hunderten von Operationen gegen den IS“, erklärt er. „Nord- und Ostsyrien ist in diesem Kampf für die ganze Welt eine wichtige Stellung. Wenn die Selbstverwaltung nicht gegen den IS und die anderen Söldnertruppen kämpfen würde, hätte das negative Konsequenzen für alle. Der Fokus der Welt liegt auf der Region, und die Menschen der Welt respektieren den Kampf der Völker hier. Neben dem IS wurde die Region auch von der Türkei angegriffen. Es ist kein Zufall, dass die Türkei die Angriffe parallel zu den IS-Attacken in der Region ausgeweitet hat. Im Jahr 2021 gab es vielerorts Angriffe, vor allem in Kobanê. Diese wurden das ganze Jahr in Serie fortgesetzt. Die Völker der Region haben ihren Kampf für einen dauerhaften Frieden und gegen die Angriffe des IS unter Führung der QSD ausgeweitet. Wenn man sich unsere Bilanz für das Jahr 2021 ansieht, kann man die Dimension dieses Widerstands erahnen.“

Das Ziel ist es, die Bevölkerung einzuschüchtern“

Zu den Angriffen auf Til Temir, Zirgan und Kobanê, die im Dezember 2021 begannen und bis heute andauern, sagt Şamî: „In vielen Gebieten gibt es Angriffe. Diese werden mit unterschiedlichen Methoden durchgeführt. So gibt es Spionage in der Region und es wird versucht, neue Agenten anzuwerben. Diese Angriffe haben viele Ziele. Die meisten Angriffe richten sich gegen die Zivilbevölkerung und nicht gegen die militärischen Strukturen. Exponierte Personen der Region wurden ins Visier genommen. Ein Zweck der Angriffe ist es, die Bevölkerung einzuschüchtern. Sie wollen die Menschen dazu zwingen, einen Schritt zurückzumachen und der Selbstverwaltung ihre Unterstützung zu entziehen. Die Angriffe auf Til Temir und Zirgan sind keine gewöhnlichen Angriffe. Dort leben Suryoye, Menschen christlichen Glaubens. Der IS verübte Massenmorde an Armenier:innen und Ezid:innen. Der türkische Staat will nun die Menschen mit Angriffen in Panik versetzen und aus der Region vertreiben. Nach der Befreiung der Region [vom IS] sind viele Menschen nach Hause zurückgekehrt. Nun will der türkische Staat sie wieder vertreiben. Wenn der türkische Staat und seine Söldner die Möglichkeit bekommen, werden sie Massenmorde begehen.“

Die Bevölkerung beugt sich nicht“

Seit dem 20. November 2021 wurden 13 Zivilist:innen bei türkischen Angriffen auf Nord- und Ostsyrien getötet. Dutzende wurden verletzt. Şamî kommentiert: „Es wurden junge Menschen in Kobanê ins Visier genommen. Sechs junge Menschen verloren ihr Leben. Die Selbstverwaltung basiert auf der revolutionären Jugend. Weil der türkische Staat das weiß, greift er die Jugend an. Er hat nicht nur Angst vor den QSD, sondern auch vor der Jugend und den Frauen. Wer auch immer organisiert ist, ob Kinder, Frauen oder die Jugend, gerät, gleich ob bewaffnet oder nicht, ins Visier. Denn organisierte Menschen werden sich niemals beugen. Der türkische Staat hat Angst vor ihnen, deshalb greift er sie an.“

Die Befreiung von Kobanê wurde ihr Albtraum“

Şamî erinnert daran, dass am 27. Januar der siebte Jahrestag der Befreiung von Kobanê bevorsteht. Die aktuelle Eskalation der Angriffe sei kein Zufall, führt er aus: „Damals hat die Türkei alles daran gesetzt, damit Kobanê in die Hände des IS gerät. Kobanê war damals bereits ein großes Hindernis für die Realisierung ihrer Projekte. Der IS ist vor sieben Jahren gescheitert, die Türkei versucht nun, das, was der IS nicht geschafft hat, selbst zu erreichen. Die Niederlage des IS war vor allem für Tayyip Erdoğan ein Albtraum. Sein Traum war es, dass Kobanê in die Hände IS fällt. Aber alle Söldnergruppen wurden besiegt. Verzweifelt versucht die Türkei nun, mit ihren eigenen Kräften die Region anzugreifen und zu besetzen.“

Niemals der Dunkelheit ergeben“

Şamî weiter: „Militärisch, politisch und wirtschaftlich sehen alle Völker der Region ihre Zukunft in der Selbstverwaltung. Der Widerstand der Menschen in Kobanê war ein Aufschrei des Volkes, sich niemals der Dunkelheit zu ergeben. Ohne Kobanê hätte sich der IS inzwischen über ein großes Gebiet ausgebreitet. Nach der Ausrufung der Selbstverwaltung hat ein psychologischer Krieg gegen die Region begonnen. Es wurde alles daran gesetzt, dafür zu sorgen, dass sich die unterschiedlichen Völker von der Selbstverwaltung fernhalten. Zunächst zielte man darauf ab, die Menschen wirtschaftlich von sich abhängig zu machen. Aber dieses Ziel ist auf diesem Weg nicht erreicht worden. Also wurde über den Geheimdienst Zwietracht zwischen den Völkern der Region gesät. In den letzten Tagen wurden viele Falschmeldungen über die Medien verbreitet. Alle zwei Tage werden Falschmeldungen wie ‚Wir haben so und so viele Terroristen getötet‘ oder ‚Es gab einen Angriff, wir haben reagiert‘ veröffentlicht. Wir stehen gegen die Besatzung und wir bekennen uns zu jeder Aktion, die wir gegen sie ergreifen. Wenn es jedoch Dinge gibt, die wir nicht getan haben, teilen wir das der Öffentlichkeit auch mit. Alle Nachrichten, die in den letzten Tagen in den türkischen Medien veröffentlicht wurden, sind Lügen. Der Zweck dieser Fake News ist es, die Bevölkerung einzuschüchtern. Ein weiteres Ziel ist es, die Herzen der Faschisten in der Türkei, die sich von nationalistischen Gefühlen nähren, zu erfreuen. Und außerdem wollen sie mit diesen Nachrichten den Garantiemächten zeigen, dass die QSD sie angreifen und verbergen, dass sie die eigentlichen Eindringlinge sind.“

Das Schweigen der Garantiemächte

Şamî stellte fest, dass sich viele Kräfte in Nord- und Ostsyrien, einschließlich der Kräfte, die die Region besetzen, als Garantiemächte darstellen. „Wenn wir uns diese Kräfte ansehen, dann fallen insbesondere Russland, der Iran, die Türkei und die internationale Koalition ins Auge“, betont Şamî. „In Idlib sieht sich die türkische Besatzungsmacht als Garantin. Im Sinne ihrer eigenen Interessen geben die internationalen Mächte jedoch im Moment keinen Ton von sich. In Nord- und Ostsyriens befinden sich die Russland und die USA. Sie präsentierten sich als Garantiemächte. Den Garantiemächten kommt in der Region eine wichtige Rolle zu. Aber diese Kräfte müssen diese Menschen verteidigen, nicht die Invasionstruppen. In jüngster Zeit erkennt die Türkei diese Garantiemächte nicht mehr an. Sie führt ihre Angriffe vor den Augen dieser Mächte aus. Auch wenn die Garantiemächte immer wieder behaupten, diese Angriffe stoppen zu wollen, wird in der Praxis kein Schritt in diese Richtung unternommen. Die Pflicht der Garantiemächte ist es, die Sicherheit der Völker der Region zu gewährleisten.“

Wir werden die Bevölkerung weiter schützen“

Şamî schließt mit den Worten: „Wir werden die Bevölkerung auch im Jahr 2022, so wie wir es 2021 getan haben, unter jeder Bedingung schützen. Unsere Aufgabe ist es, die Menschen vor Unheil zu bewahren. Wir sind ihre Kinder, von außen kommt niemand und verteidigt uns. Wir müssen uns selbst verteidigen. Wir haben drei Hauptziele: Wir wollen die Besatzung beenden. Wir wollen die vollständige Vernichtung des IS sicherstellen und den Frieden in der Region stärken und der Bevölkerung in allen Bereichen bessere Chancen bieten. Wir streben die Selbstverwaltung der Völker an.“

Der QSD-Pressesprecher Ferhad Şamî sagt, dass die türkischen Angriffe auf die Region mit dem Jahreswechsel zugenommen haben und es die Aufgabe der QSD sei, den Frieden zu garantieren.