Vor einem türkischen Gericht in der nordkurdischen Provinz Amed (Diyarbakir) fand am Montag der zweite Verhandlungstag im Prozess gegen die Journalistin Beritan Canözer statt. Der Korrespondentin der feministischen Frauennachrichtenagentur JinNews wird im Zusammenhang mit vermeintlichen Beiträgen in sozialen Netzwerken „Propaganda für eine terroristische Vereinigung“ zum Vorwurf gemacht.
Vor Gericht wies Canözer die Anschuldigungen gegen sie zurück und erklärte, dass die Abschriften der ihr vorgeworfenen Beiträge erst nach ihrer polizeilichen Vernehmung als Beweismittel der Ermittlungsakte hinzugefügt wurden. „Die Polizei legte mir lediglich Fotos vor, woraufhin ich bejahte, dass es meine seien. Dass die genannten Beiträge von mir stammen sollen, akzeptiere ich nicht. Ohnehin waren meine Social-Media-Accounts zum Zeitpunkt der Einleitung des Ermittlungsverfahrens deaktiviert.“
Das Strafmaß wurde noch nicht verkündet. Die Staatsanwaltschaft fordert eine Verurteilung nach den Terrorparagrafen. Der Prozess gegen Canözer wird am 25. März vor der 11. Strafkammer am Schwurgericht Diyarbakir fortgesetzt.
Repression - Alltag für kurdische Journalist*innen
Staatliche Repression, Anklagen wegen vermeintlicher Terrorunterstützung oder Präsidentenbeleidigung, Behinderungen bei der Recherche und Bedrohungen auf der Straße - all das gehört in der Türkei zum Alltag kritischer Journalist*innen. Wer aus den kurdischen Regionen des Landes berichtet, steht unter einer besonderen Beobachtung von Behörden und Justiz. Gegen Beritan Canözer lief bereits 2018 ein Terrorverfahren wegen des Vorwurfs der „Mitgliedschaft in einer verbotenen Organisation“. Die Staatsanwaltschaft forderte eine Freiheitsstrafe von siebeneinhalb bis 15 Jahren Haft. Im Oktober wurde die Journalistin freigesprochen.