Richter wirft Anwalt von Journalistin aus dem Saal

Die Journalistin Zeynep Kuray steht in Istanbul wegen vermeintlichem Widerstands gegen die Staatsgewalt vor Gericht. Weil sie die Verhandlung stehend verbringen soll und ihr Anwalt aus dem Saal geworfen wird, fordert sie die Absetzung des Richters.

Die Journalistin Zeynep Kuray steht abermals vor Gericht. Diesmal muss sie sich wegen „Widerstand gegen die Staatsgewalt“ und „Beamtenbeleidigung“ verantworten. Das in Istanbul verhandelte Verfahren geht auf eine Anzeige der als „Prügelpolizistin“ bekannten Ordnungshüterin Melisa Bodur zurück. Den Spitznamen erhielt Bodur von Journalistinnen, weil diese der Polizistin verhasst scheinen und bei Protesten immer wieder von ihr gezielt angegangen und attackiert werden.

Diese Erfahrung machte auch Kuray, als sie im Oktober 2022 in Istanbul eine „Gerechtigkeitswache“ von Angehörigen kranker Gefangener beobachtete. Der Protest war von der Polizei gewaltsam aufgelöst worden, mehrere Aktivistinnen und Medienschaffende wurden festgenommen. Kuray war eine von ihnen. Am Dienstag fand nun die zweite Verhandlung in dem Prozess statt, der an einer Strafkammer des Landgerichts Istanbul läuft.

Prügelpolizistin Melisa Bodur bei ihrem Einsatz gegen die Gerechtigkeitswache. Zu sehen ist unter anderem, wie sie grundlos die JinNews-Reporterin Gülistan Dursun attackiert.

Weil Kuray kein Platz im Gerichtssaal zugewiesen wurde – sie sollte die Dauer der Anhörung stehend verbringen – beantragte ihr Verteidiger Ömer Kavilli, dass die 46-Jährige neben ihm Platz nimmt. Der Antrag wurde harsch abgelehnt und Protest dagegen vom Richter als „Verfahrensstörung“ gewertet. Kavilli wurde auf Anordnung des Verhandlungsführers aus dem Saal befördert. Kuray protestierte lautstark gegen das Vorgehen gegen den Juristen und stellte einen Antrag auf Befangenheit des Richters. Darüber muss nun eine höhere Kammer entscheiden. Der Prozess wurde daher auf den 2. Juli vertagt.

Polizeigewalt bei der Festnahme von Zeynep Kuray am Rande der 1. Mai-Demonstration 2023 in Istanbul

Zeynep Kuray ist international preisgekrönte Journalistin, die sich seit Jahren im Fokus der türkischen Repressionsbehörden befindet. Mehrfach saß die 46-Jährige, die unter anderem auch für ANF arbeitet, bereits im Gefängnis, unter anderem im Zusammenhang mit den sogenannten KCK-Operationen. Aktuell sind auch weitere Prozesse gegen sie anhängig, die im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit als Journalistin stehen. Eines dieser Verfahren richtet sich gegen Kurays Berichterstattung über den Widerstand gegen die Abholzung des Akbelen-Waldes in Muğla.