Prozessauftakt gegen kurdische Medienschaffende am Dienstag
Am Dienstag beginnt in Ankara der Prozess gegen zwölf kurdische Journalistinnen und Journalisten.
Am Dienstag beginnt in Ankara der Prozess gegen zwölf kurdische Journalistinnen und Journalisten.
Wegen ihrer Tätigkeit als Medienschaffende müssen sich zwölf kurdische Journalistinnen und Journalisten am Dienstag in Ankara vor Gericht verantworten. Den Angeklagten wird zur Last gelegt, sich mitgliedschaftlich für die PKK betätigt zu haben. Die Oberstaatsanwaltschaft plädiert für ein Strafmaß im oberen Bereich und fordert eine Verurteilung nach Artikel 314/1 des türkischen Strafgesetzbuches, der eine Höchststrafe von 15 Jahren Gefängnis vorsieht.
Neun der Angeklagten seit Oktober in Untersuchungshaft
Bei den Angeklagten des Verfahrens handelt es sich um führende Medienschaffende in der Tradition der freien kurdischen Presse, neun von ihnen befinden sich seit Oktober in Untersuchungshaft: Die Chefredakteurin der Nachrichtenagentur Mezopotamya (MA), Diren Yurtsever, die MA-Korrespondent:innen Deniz Nazlım, Selman Güzelyüz, Berivan Altan, Hakan Yalçın, Emrullah Acar und Ceylan Şahinli sowie die JinNews-Korrespondentinnen Habibe Eren und Öznur Değer. Ein Antrag auf Entlassung aus der Untersuchungshaft, den Rechtsanwalt Resul Temur zeitgleich zur Annahme der Anklageschrift einreichte, wurde noch am selben Tag wegen angeblicher Fluchtgefahr negativ beschieden. Hamdullah Bayram, Korrespondent der Zeitung Yeni Yaşam, wurde am 20. März verhaftet. Die im gleichen Verfahren festgenommene MA-Reporterin Zemo Ağgöz ist im Mutterschutz und war bereits zuvor freigelassen worden. Gegen den ehemaligen MA-Praktikanten Mehmet Günhan hatte das Gericht Meldeauflagen verhängt, er ist ebenfalls auf freiem Fuß.
ANF-Artikel werden MA angelastet
Die Anklageschrift in dem Verfahren ist 210 Seiten lang. Als Beweis für die Behauptung, dass MA und JinNews als „Pressekomitee der KCK" arbeiten, legte der Staatsanwalt 129 Artikel vor. Sieben dieser Artikel wurden von ANF veröffentlicht. Die Staatsanwaltschaft erklärt nicht, warum sie als Beweismittel aufgenommen wurden. Die als Beweismittel eingeführten Artikel werden in der Anklageschrift als „sogenannte Nachrichten" bezeichnet. Es handelt sich um Meldungen aus dem Zeitraum zwischen Dezember 2020 und Oktober 2022. Diese Nachrichtenartikel behandeln verschiedene Themen wie rassistisch motivierte Angriffe auf Kurd:innen und Geflüchtete aus Syrien, das Newroz-Fest 2021 in Amed, den Einsatz von Chemiewaffen durch die türkische Armee gegen die PKK-Guerilla, die Haftbedingungen von Abdullah Öcalan und die Hungerstreiks in Gefängnissen in diesem Zusammenhang.
Zwölf Seiten sind Ausführungen zur PKK und ihres Dachverbands, der Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans (KCK) gewidmet. Als Beweismittel werden beschlagnahmte Speichermedien und Abhörprotokolle vorgelegt. Demnach wurde die Kommunikation der Angeklagten im Zeitraum zwischen Februar und September 2021 überwacht. Zudem wird die Aussage eines geheim gehaltenen Zeugen mit der Codierung „k8ç4b3l1t5” aufgeführt. Die Aussage besagt jedoch lediglich, dass die Beschuldigten für MA und JinNews gearbeitet haben.
Eine ausführliche Darstellung der Anschuldigungen wurde von Media and Law Studies Association (MLSA) veröffentlicht.
Die Meldung wurde aktualisiert