Presseorganisationen fordern Freilassung von Nedim Türfent

Dutzende Presseorganisationen und Autorenverbände fordern in einem gemeinsamen Appell die Türkei auf, den mittlerweile seit 1495 Tagen inhaftierten kurdischen Journalisten Nedim Türfent aus dem Gefängnis zu entlassen.

45 internationale Presseorganisationen und Autorenverbände fordern die sofortige Freilassung des mittlerweile seit 1495 Tagen inhaftierten kurdischen Journalisten Nedim Türfent. In einem gemeinsamen Appell fordern sie die Türkei auf, den preisgekrönten Nachrichtenredakteur und Reporter aus der Haft zu entlassen. Zu den Unterzeichnenden der Erklärung gehören unter anderem das International Press Institute (IPI), zahlreiche PEN-Zentren und Media and Law Studies Association (MLSA).

Der Journalist Nedim Türfent ist seit Mai 2016 im Gefängnis, davon etwa zwei Jahre in Isolationshaft. Ende 2017 wurde er wegen „Mitgliedschaft in einer Terrororganisation“ und „Terrorpropaganda“ zu acht Jahren und neun Monaten Haft verurteilt. Die Vorwürfe, die in der erst dreizehn Monate nach seiner Verhaftung erstellten Anklageschrift gegen ihn erhoben wurden, verweisen auf Beiträge in Online-Netzwerken, seine journalistischen Tätigkeiten - laut dem Gericht hatte Türfent „Nachrichtenbeiträge durch übertriebene und verstörende Kommentare überspitzt dargestellt“ - und insgesamt 20 anonymisierten Zeugenaussagen. In dem Gerichtsverfahren gaben 19 von 20 Zeugen an, unter Folter gegen Türfent ausgesagt zu haben. Der zuständige Staatsanwalt sah in Türfents journalistischen Tätigkeiten und seinen Artikeln ausreichend Beweise, um eine Haftstrafe von über 22 Jahren zu fordern.

Kurz vor der Festnahme von Türfent, der für die inzwischen per Notstandsdekret verbotene kurdische Nachrichtenagentur DIHA (Dicle Haber Ajansı) arbeitete, hatte ein Video aus der Provinz Colemêrg (türk. Hakkari) international für Aufsehen gesorgt. Die Szenen zeigten eine Sondereinheit der türkischen Polizei, die 50 kurdische Bauarbeiter in Handschellen legt und sie dazu zwingt, sich auf den Boden zu legen. Es fallen die Sätze: „Jetzt werdet ihr die Macht der Türken spüren! Ich kenne jetzt eure Gesichter. Wer uns betrügt, muss mit den Konsequenzen rechnen. Was hat euch dieser Staat angetan? Jetzt werdet ihr die Macht der Türken zu spüren bekommen.“

Nedim Türfent war der erste Journalist, der über den Vorfall berichtete. Nachdem DIHA den Nachrichtenbeitrag unter dem Titel „Jetzt werdet ihr die Macht der Türken spüren“ veröffentlicht hatte, begannen Todesdrohungen gegen Türfent in den sozialen Netzwerken. Er erhielt Fotos von Beerdigungen, die ihm Mitglieder des JITEM (informeller Geheimdienst der türkischen Militärpolizei) zuschickten.

Das Gerichtsverfahren gegen Türfent verlief für türkische Verhältnisse recht zügig und glich einem Schauprozess. Die erste Anhörung fand im Juni 2017 statt. Ihm wurde insgesamt sieben Mal das Recht verweigert, persönlich vor Gericht zu erscheinen. Stattdessen musste er über das Videokonferenzsystem SEGBIS aussagen.

Am 15. Dezember 2017 wurde Türfent zunächst zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt. Später wurde die Haftdauer dann noch wegen des „Fortbestands der Tatbestände“ auf acht Jahre und neun Monate verlängert. Ein regionales Berufungsgericht bestätigte das Urteil im Juni 2018, das Oberste Kassationsgericht im Oktober 2019. Sein Fall ist nun vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) anhängig.

In dem Appell für Nedim Türfent fordern die Unterzeichnenden den EGMR auf, seinem Antrag Vorrang einzuräumen, um seinen Fall zu prüfen und über die Verletzung seiner Rechte zu entscheiden. „Nedim ist seit fast 1500 Tagen wegen seines Journalismus inhaftiert, für den er hätte belohnt werden sollen. Wir fordern auch die türkische Regierung auf, dieser Ungerechtigkeit unverzüglich ein Ende zu setzen. Nedims Geschichte ist die Geschichte kurdischer Journalisten in der Türkei.“

Unterzeichnende:

International Press Institute (IPI)
Media and Law Studies Association (MLSA)
PEN International
Article 19
Articolo 21
Confederation of Progressive Trade Unions of Turkey – Turkish Press, Broadcasting and Printer Workers’ Union
Danish PEN
English PEN
European Centre for Press and Media Freedom (ECPMF)
Freedom House
French PEN
Georgia PEN
German PEN
Human Rights Foundation of Turkey
Icelandic PEN
Independent Chinese PEN Centre
Index on Censorship
Kurdish PEN
Life Memory Freedom Association
Lithuanian PEN
Moscow PEN
New Zealand Society of Authors Te Puni Kaituhi o Aotearoa (PEN NZ) Inc
Norwegian PEN
PEN America
PEN Belgium/Flanders
PEN Center for German Language Writers Abroad
PEN Eritrea
PEN Netherlands
PEN Nicaragua
PEN Québec
PEN Turkey
PEN Ukraine
Press in Arrest
P24 (Platform for Independent Journalism)
Romanian PEN
San Miguel de Allende PEN
Scottish PEN
South East Europe Media Organisation (SEEMO)
St Petersburg PEN
Swedish PEN
Swiss-German PEN
Uganda PEN
Wales PEN Cymru

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