Nedim Türfent wird PEN-Ehrenmitglied

Seit Mai 2016 ist der kurdische Journalist Nedim Türfent in der Türkei als politischer Gefangener inhaftiert. Der englische PEN hat ihn nun zum Ehrenmitglied ernannt.

Das englische PEN-Zentrum hat den kurdischen Journalisten Nedim Türfent zum Ehrenmitglied ernannt – als Zeichen der Solidarität. „Die Mitgliedschaft im englischen PEN bedeutet, einer globalen Bewegung anzugehören, die im Glauben an die Freiheit zu lesen und zu schreiben vereint ist. Wir sind stolz und fühlen uns geehrt, Nedim unter unseren Mitgliedern zu haben, und wir werden ihm weiterhin zur Seite stehen, bis er diese Freiheiten vollständig zurückgewinnt“, sagte die Vorsitzende des englischen Autorenverbandes PEN, Maureen Freely.

In einer telefonisch übermittelten Botschaft bedankte sich Türfent für die Ehrenmitgliedschaft beim englischen PEN. „Diese Ehre wird ein neues Fenster in meiner Zelle in diesem deprimierenden und austrocknenden Gefängnis öffnen. Ich habe das Gefühl, dass ich, wenn ich meine Bücher übereinanderstapeln und auf ihnen stehen würde, aus diesem neuen Fenster hinausschauen und viel weiter sehen könnte, als ich es gegenwärtig tue.“

Der Journalist Nedim Türfent ist seit Mai 2016 im Gefängnis, davon etwa zwei Jahre in Isolationshaft. Ende 2017 wurde er wegen „Mitgliedschaft in einer Terrororganisation“ und „Terrorpropaganda“ zu acht Jahren und neun Monaten Haft verurteilt. Die Vorwürfe, die in der erst dreizehn Monate nach seiner Verhaftung erstellten Anklageschrift gegen ihn erhoben wurden, verweisen auf Beiträge in Online-Netzwerken, seine journalistischen Tätigkeiten - laut dem Gericht hatte Türfent „Nachrichtenbeiträge durch übertriebene und verstörende Kommentare überspitzt dargestellt“ - und insgesamt 20 anonymisierte Zeugenaussagen. In dem Gerichtsverfahren gaben 19 von 20 Zeugen an, unter Folter gegen Türfent ausgesagt zu haben. Der zuständige Staatsanwalt sah in Türfents journalistischen Tätigkeiten und seinen Artikeln ausreichend Beweise, um eine Haftstrafe von über 22 Jahren zu fordern.

Grund für Inhaftierung: „Jetzt werdet ihr die Macht der Türken spüren!“

Kurz vor der Festnahme von Türfent, der für die inzwischen per Notstandsdekret verbotene kurdische Nachrichtenagentur DIHA (Dicle Haber Ajansı) arbeitete, hatte ein Video aus der nordkurdischen Provinz Colemêrg (türk. Hakkari) international für Aufsehen gesorgt. Die Szenen zeigten eine Sondereinheit der türkischen Polizei, die 50 kurdische Bauarbeiter in Handschellen legt und sie dazu zwingt, sich auf den Boden zu legen. Es fielen die Sätze: „Jetzt werdet ihr die Macht der Türken spüren! Ich kenne jetzt eure Gesichter. Wer uns betrügt, muss mit den Konsequenzen rechnen. Was hat euch dieser Staat angetan? Jetzt werdet ihr die Macht der Türken zu spüren bekommen.“

Fall vor EGMR in Straßburg anhängig

Nedim Türfent war der erste Journalist, der über den Vorfall berichtete. Nachdem DIHA den Nachrichtenbeitrag unter dem Titel „Jetzt werdet ihr die Macht der Türken spüren“ veröffentlicht hatte, bekam er Todesdrohungen von Mitglieder des JITEM (informeller Geheimdienst der türkischen Militärpolizei).

Das Gerichtsverfahren gegen Türfent verlief für türkische Verhältnisse recht zügig und glich einem Schauprozess. Die erste Anhörung fand im Juni 2017 statt. Ihm wurde insgesamt sieben Mal das Recht verweigert, persönlich vor Gericht zu erscheinen. Stattdessen musste er über das Videokonferenzsystem SEGBIS aussagen.

Am 15. Dezember 2017 wurde Türfent zunächst zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt. Später wurde die Haftdauer dann noch wegen des „Fortbestands der Tatbestände“ auf acht Jahre und neun Monate verlängert. Ein regionales Berufungsgericht bestätigte das Urteil im Juni 2018, das Oberste Kassationsgericht im Oktober 2019. Sein Fall ist nun vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) anhängig.