Die Journalistin Nazan Sala ist in der Türkei wegen ihrer Tätigkeit für den vor neun Jahren geschlossenen Sender Roj TV als mutmaßliche Terroristin angeklagt worden. Das Ermittlungsverfahren wurde vor zwölf Jahren eingeleitet und jetzt mit einem laufenden Verfahren im Zusammenhang mit der Berichterstattung über die Hubschrauber-Folter in Wan zusammengelegt.
Roj TV war mit einer Lizenz aus Dänemark seit 2004 auf Sendung und wurde auf Betreiben der Türkei 2012 geschlossen. Vor der Schließung wurde in Ankara gegen die Mitarbeiter:innen des kurdischen TV-Senders ermittelt, darunter auch gegen Nazan Sala. Die Anklageschrift gegen die Journalistin wegen vermeintlicher Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung ist jetzt von der fünften Kammer für schwere Straftaten in Wan angenommen worden. Die Staatsanwaltschaft behauptet, dass Roj TV ein Medienorgan der „PKK-KCK“ sei und Sala sich als Korrespondentin des Senders in Wan strafbar gemacht hat.
Nazan Sala ist eine der vier Journalist:innen, die vor einem Jahr wegen „staatsfeindlicher Berichterstattung“ über die Folter an den beiden Dorfbewohner Servet Turgut und Osman Şiban verhaftet wurden. Die beiden Kurden waren im September 2020 vom türkischen Militär verschleppt wurden. Nach schwerer Folter wurden die Männer zunächst aus einem Militärhubschrauber gestoßen, bevor sie erneut misshandelt worden waren. Dabei erlitten sie schwere Verletzungen. Während Osman Şiban vermutlich für den Rest seines Lebens gezeichnet sein wird von der erlebten Gewalt, ist der 55-jährige Servet Turgut am 30. September 2020 nach zwanzig Tagen im Koma gestorben.
Nazan Sala und ihre Kolleg:innen Şehriban Abi (JinNews) sowie Adnan Bilen und Cemil Uğur (MA) wurden nach einem halben Jahr Untersuchungshaft freigelassen, der Prozess gegen sie und die MA-Korrespondentin Zeynep Durgut läuft weiter.