Metro: „Politische Entscheidung, wer verfolgt wird“

Die Schließung von Einrichtungen aus den Bereichen Frauenrechte, Presse und Kunst in Südkurdistan zieht weiter Kreise. Das Metro Center for Journalist Rights & Advocacy sieht in der Entscheidung politische Gründe.

Schließung von Produktionsfirma für Jin TV

Die Empörung über die Schließung von Einrichtungen aus den Bereichen Frauenrechte, Presse und Kunst in Südkurdistan ist zurecht groß. Gleich vier in Silêmanî ansässige Organisationen sind am Silvestertag von Sicherheitskräften überfallen und geschlossen worden: Die Organisation Freier Frauen in Kurdistan (RJAK), die NGOs Niwêger und Merziye für die Erforschung und Förderung von Kunst, und die Produktionsfirma Gezengy Barbayan, die Programme für den Frauensender Jin TV erstellte. Eine Begründung für das Betätigungsverbot legte die Asayîş im YNK-regierten Silêmanî nicht vor. Die Behörde verwies lediglich auf einen Beschluss des Obersten Justizrats des Irak vom letzten August, alle Parteien und Organisationen im Land, die in den Zusammenhang mit der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) gestellt werden, zu verbieten. Im Zuge dessen war bereits die Auflösung der ezidischen Partei PADÊ, der Bewegung für eine freie Gesellschaft in Kurdistan (Tevgera Azadî) und der Demokratischen Kampffront (Partîya Enîya Têkoşîna Demokrasiyê) angeordnet worden.

Vom Vorstand der Gezengy Barbayan wird die Schließung der Produktionsfirma als Geste gegenüber der türkischen Regierung gedeutet. Der Oberste Justizrat begründete seine Entscheidung damals unter anderem damit, dass die verbotenen Parteien sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet hätten. Sollte die Grundlage des Verbots von Gezengy Barbayan ebenfalls diese Verfügung sein, so sei Vereinsrecht herangezogen worden, um ein Privatunternehmen zu verbieten, sagte die Journalistin Tewar Adil am Donnerstag vor Kolleg:innen in Silêmanî. Dieses rechtlich fragliche Vorgehen habe zurecht enorme Kritik ausgelöst. „Wir sehen Grundrechte beschnitten und eine rechtswidrige Anwendung der Gesetze zum Verbot unserer Firma, die Sendungen für einen TV-Sender produziert, der Frauen eine Stimme gibt. Gleichzeitig bedeutet die Schließung unseres Unternehmens auch einen gravierenden Einschnitt in die Pressefreiheit, da viele Sendungen für Jin TV jetzt gar nicht mehr produziert werden können“, betonte Adil.

Auf Grundlage der Verfügung des Obersten Justizrats war bereits die Auflösung der ezidischen Partei PADÊ, der Bewegung für eine freie Gesellschaft in Kurdistan (Tevgera Azadî) und der Demokratischen Kampffront (Partîya Enîya Têkoşîna Demokrasiyê) angeordnet worden. Die Entscheidung folgte auf einen Besuch des türkischen Präsidenten Erdoğan in Bagdad, bei dem die Regierungen beider Länder gleich zwei Dutzend Kooperationsabkommen vereinbarten. | Foto: Pressekonferenz heute in den Räumen der NGO Metro © RojNews


„Deshalb appellieren wir an die Verantwortlichen dieser Entscheidung und alle relevanten Stellen: Wenn Ihnen die Pressefreiheit und die Freiheit der Stimme der Frauen am Herzen liegen, nehmen Sie die Verbotsentscheidung zurück und beenden Ihr repressives Vorgehen gegen die freie Presse. Erlauben Sie unserem Unternehmen, seine Arbeit fortzusetzen und legen Sie der Pressefreiheit in der Region Kurdistan keine Steine in den Weg“, sagte Adil. An die Gesellschaft appellierte sie, sich dem Kampf für die Pressefreiheit anzuschließen. Es dürfe nicht zugelassen werden, dass Medien solchen Angriffen, politischem Druck oder Schließungen ausgesetzt werden.

Auf der Pressekonferenz sprach auch Diyarî Muhammed aus dem Vorstand der NGO Metro Center for Journalist Rights & Advocacy. Er sagte, in der Kurdistan-Region des Irak (KRI) sei es stets eine „politische Entscheidung, wer verfolgt wird“. Gezengy Barbayan habe völlig legal gearbeitet, so Muhammed. Die Firma sei vor sieben Jahren gegründet worden und habe erst vor wenigen Monaten ihre Lizenz bei der Regierung verlängern lassen. Der Jurist kritisierte eine rechtsstaatlich gefährliche Entwicklung. „Es geht darum, kritische Presseorgane einzuschränken und zu kontrollieren und unliebsame Darstellungen zu verhindern.“ Dagegen müssten Journalist:innen und Medienorganisationen eine geschlossene Front bilden. Zudem kündigte Muhammed an, dass Metro eine Klage gegen die Schließung der Produktionsfirma von Jin TV erwägt. Über die Rechtmäßigkeit dieses Verbots müsste dann das Oberste Verwaltungsgericht des Irak entscheiden.