Kurdischer Journalist wegen Facebook-Beiträgen angeklagt
Gegen den kurdischen Journalisten Yasin Kobulan ist in Istanbul Anklage wegen „Organisationspropaganda“ erhoben worden.
Gegen den kurdischen Journalisten Yasin Kobulan ist in Istanbul Anklage wegen „Organisationspropaganda“ erhoben worden.
Yasin Kobulan, Korrespondent der Nachrichtenagentur Mezopotamya (MA), ist in Istanbul der fortgesetzten Propaganda für eine terroristische Organisation angeklagt worden. Als Beweismittel werden in der Anklageschrift Beiträge des kurdischen Journalisten auf Facebook aufgeführt, die er zur Zeit der Ausgangssperren in nordkurdischen Städten zwischen August und Oktober 2015 geteilt hat. Ihm wird vorgeworfen, den Widerstand gegen die Zerstörung der Städte durch die türkischen Sicherheitskräfte als gerechtfertigt dargestellt zu haben.
Der Prozess beginnt am 26. Dezember vor einem Istanbuler Strafgericht.
Was geschah 2015 in Nordkurdistan?
Als Reaktion auf die Repressionspolitik der AKP-Regierung wurde 2015 in einer Reihe kurdischer Städte und Gemeinden die Selbstverwaltung proklamiert, die den demokratischen Gegenentwurf zu dem von der AKP vorgeschlagenen totalitären „Präsidialsystem“ darstellte. Nordkurdistan diskutierte damals schon länger die autonome Organisation im Stil von Kantonen, deren Verständnis die Antithese zur offiziellen Ideologie des türkischen Staates und seinem strikt zentralistischen und bürokratischen Verständnis bildet. Ankara reagierte mit voller Härte gegen die selbstverwalteten Orte. Der über mehrere Monate andauernden Militärbelagerung in Städten wie Sûr, Şirnex, Cizîr und Nisêbîn fielen Hunderte Menschen zum Opfer, die genaue Zahl ist noch immer nicht bekannt. Nach Angaben der HDP kamen allein in Cizîr mindestens 280 Menschen ums Leben, viele von ihnen in den berüchtigten Todeskellern. In 262 Fällen konnte die Identität der Opfer festgestellt werden, weitere 18 Menschen sind noch immer auf dem Friedhof der Namenlosen begraben. Die Städte existieren teilweise nicht mehr und sind vom Staat regelrecht dem Erdboden gleichgemacht worden. So wurden beispielsweise in Nisêbîn sechs der fünfzehn Stadtteile vollständig zerstört und rund 6.000 Gebäude abgerissen oder schwer beschädigt. Mindestens 30.000 Menschen verloren ihr zu Hause.