Irak: Linke fordert Einsatz für festgenommene Journalistin

Anlässlich der Festnahme der deutschen Journalistin Marlene F. und ihres slowenischen Kollegen Matej K. im Irak fordert die hessische Linksfraktion Einsatz von der Landesregierung.

Die Linksfraktion im Hessischen Landtag hat die Landesregierung zum Handeln für die deutsche Journalistin Marlene F. und ihren slowenischen Kollegen Matej K. aufgefordert. Beide wurden vergangene Woche im Rahmen ihrer Arbeit zur ezidischen Gemeinschaft in deren Kerngebiet Şengal von der irakischen Armee festgenommen und befinden sich in Bagdad in Gewahrsam. Kontakt zu ihnen besteht seither nicht.

„Pressefreiheit und der Einsatz für Demokratie und Menschenrechte sind unteilbar“, erklärte Jan Schalauske, Vorsitzender und friedenspolitischer Sprecher der hessischen Linksfraktion, anlässlich der Festnahmen am Montag in Wiesbaden Die Landesregierung rief Schalauske dazu auf, sich beim irakischen Generalkonsulat in Frankfurt und gegenüber dem deutschen Außenministerium für die sofortige Freilassung beider Journalist:innen einzusetzen. Zwar hatte das Ressort zuvor erklärt, dass die zuständige Botschaft im Kontakt mit den irakischen Stellen steht und sich bemüht, „konsularischen Zugang zu der Betroffenen zu erhalten“. Bisher scheint dies aber nicht gelungen zu sein.

Annalena Baerbock muss ihren Worten jetzt Taten folgen lassen

Marlene F. und Matej K. hielten sich seit einigen Monaten für eine Recherche über die gesellschaftlichen Verhältnisse der ezidischen Gemeinschaft vor dem Hintergrund des Genozids durch die Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) im Jahr 2014 in Şengal auf. Dass sie von irakischen Einheiten festgenommen wurden, sei ein Skandal, so Schalauske. „Ezidinnen und Eziden gehören zu den am stärksten bedrohten Völkern der Welt. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne), die eine feministische Außenpolitik versprochen hat, muss ihren Worten jetzt Taten folgen lassen. Als DIE LINKE stehen wir solidarisch an der Seite der Ezidinnen und Eziden, für das Selbstbestimmungsrecht der Völker und die Freiheit der Presse, darüber zu berichten“, sagte Schalauske.

Matej K. beim Saz-Spielen in Şengal

Kriminalisierung von Marlene F. und Matej K. durch irakische Armee

Die Festnahme von Marlene F. und Matej K. war am Mittwoch auf dem Rückweg von einer Feierlichkeit im Rahmen des ezidischen Neujahrsfests „Çarşema Sor“ an einem Checkpoint der 20. Infanteriedivision der irakischen Armee erfolgt. Laut drei Einheimischen, die sich im selben Wagen wie die beiden Journalist:innen befanden, wiesen sich beide umgehend als Medienschaffende aus. Dennoch wurden sie ohne Angabe von Gründen in einer Militärstation in der Nähe der Stadt Şengal festgesetzt und bis zu ihrer Überstellung nach Bagdad am Freitag verhört. Über die lokale Presse wird derweil seitens der 20. Infanteriedivision des irakischen Militärs die Behauptung verbreitet,  F. und K. seien nicht im Medienbereich tätig, sondern „ausländische Kämpfer“ der Widerstandseinheiten Şengals (YBŞ).

Spannungen in Şengal

Anfang der Woche eskalierten die Spannungen zwischen den ezidischen Verteidigungskräften und irakischen Truppen, es kam zu Gefechten infolge von Angriffen auf Stellungen der YBŞ, den ezidischen Fraueneinheiten YJŞ und dem Asayîşa Êzîdxanê. Bagdad versucht schon länger, die unter dem Eindruck des IS-Genozids in Şengal 2014 aufgebauten Sicherheits- und Verteidigungsstrukturen der Ezidinnen und Eziden aufzulösen. Grundlage ist das über die Köpfe der ezidischen Gemeinschaft hinweg getroffene „Şengal-Abkommen“. Die südkurdische Regional- und die irakische Zentralregierung hatten sich im Oktober 2020 nach monatelangen Verhandlungen darauf verständigt, den Vertrag zu unterzeichnen. Er besteht aus einer Reihe von sicherheitspolitischen und verwaltungstechnischen Maßnahmen und legt Verantwortlichkeitsbereiche der Behörden fest. Im Hintergrund des Treffens führte Ankara die Regie.