An seinem Grab im südkurdischen Kelar ist Kawa Germiyanî gedacht worden. Anlass war der achte Todestag des investigativ arbeitenden Journalisten. Am 5. Dezember 2013 wurde Kawa Germiyanî vor seinem Haus von Unbekannten erschossen. Nur wenige Tage vor dem Mord hatte er angekündigt, seine Recherchen zu Korruption und Vetternwirtschaft innerhalb der politischen Elite zu veröffentlichen.
Kawa Germiyanî (gebürtig Kawa Mohamed Ahmed Garmeyani) war Herausgeber des Magazins Rayal und Korrespondent der Zeitung Awene. Durch seine Recherchen zu Korruption und Verbindungen der organisierten Kriminalität in die Politik und Verwaltung hatte er sich Kurdistan-weit einen Namen gemacht. Mehrmals geriet er in Konflikt mit der Justiz und stand insbesondere wegen seiner Berichterstattung mit der lokalen Führungsebene der Patriotischen Union Kurdistans (YNK) im Visier korrupter Beamter. Er wurde bedroht und verfolgt, wusste, dass er in Gefahr war – wie etliche Kolleginnen und Kollegen in Ländern, in denen Korruption stark verbreitet und der Einfluss der organisierten Kriminalität auf die Politik massiv ist.
Recherchen zu solchen Themen dürften weltweit das gefährlichste Feld für Medienschaffende überhaupt sein. Vermutlich deshalb griffen für Kawa Germiyanî auch keine Schutzmechanismen, obwohl er die Drohungen angezeigt hatte. Mit Blick auf die düstere Lage für Journalistinnen und Journalisten in der kurdischen Autonomieregion verwundert es nicht, dass der Mord an Germiyanî bis heute nicht aufgeklärt worden ist. Die Täter genießen auch acht Jahre später noch immer Straffreiheit. „Und das, obwohl sie bekannt sind“, sagte Germiyanîs Bruder Karwan Ahmed.
Auch an anderen Orten Südkurdistans finden heute Gedenkveranstaltungen für Kawa Germiyanî statt
„Wir kennen die Mörder von Kawa“, so Ahmed weiter. Er sei bereit, ihre Namen vor einem unabhängigen Gericht preiszugeben. Ob dies in naher Zukunft geschehen kann, ist fraglich. Die Justiz in Südkurdistan ist politisiert und wird gelenkt, um die Presse- und Meinungsfreiheit war es noch nie gut bestellt. Mit dem Amtsantritt von Premierminister Mesrûr Barzanî (PDK) im Juli 2019 hat sich die Situation in besonders drastischer Weise verschärft. Freie Medien und die Redefreiheit werden rücksichtslos unterdrückt, es gilt die kritische Berichterstattung um jeden Preis zu verhindern. Für eine unabhängige Justiz müsste zunächst eine politische Kraft existieren, die eine Grundlage dafür schafft.