Gedenken an ermordeten Journalisten Serdeşt Osman

Im Baxê Giştî Park in Silêmanî wurde an Serdeşt Osman erinnert. 14 Jahre sind vergangenen, seit der junge Journalist verschleppt und ermordet wurde. Die Täter genießen weiterhin ein Leben in Freiheit.

Seit 14 Jahren Forderung nach Gerechtigkeit

Medienschaffende, Handelnde aus Politik und Zivilgesellschaft sowie Angehörige haben die Justiz in der Kurdistan-Region des Irak (KRI) aufgefordert, sich endlich mit dem Mord an dem Journalisten Serdeşt Osman zu befassen und die Täter zu bestrafen. „14 Jahre ist es her, seit unser Kollege auf kaltblütige Weise aus dem Leben gerissen wurde“, sagte der Journalist Hêmin Mamendewe am Sonntag bei einer Gedenkveranstaltung für Osman im Baxê Giştî Park in Silêmanî. „Doch noch immer müssen wir Gerechtigkeit fordern. Das ist die Realität einer Welt, in der Menschenrechte und grundlegende demokratische Werte ignoriert werden.“

Im Beisein der Poilizei vor Universität entführt

Serdeşt Osman (andere Schreibweise Sardasht Othman) war 22, als er am 4. Mai 2010 vor dem Gelände der Salahaddin-Universität in Hewlêr (Erbil) vor den Augen des Sicherheitspersonals und anwesenden Polizisten entführt wurde. Unbekannte hatten den jungen Mann, der am College of Arts im letzten Jahr Anglistik studierte und gerade aus einem Fahrzeug ausgestiegen war, in einen weißen Kleinbus gezerrt, dessen Nummernschild zuvor unkenntlich gemacht wurde. Zwei Tage später tauchte die mit Folterspuren übersäte Leiche Osmans in Mosul auf. Der Journalist war mit Kopfschüssen exekutiert worden, seine Hände waren mit Handschellen gefesselt. Als Todestag wurde der 5. Mai 2010 festgestellt.

Gedenken im Baxê Giştî

Osman erhielt Morddrohungen

Auch 14 Jahre nach dem Mord an Serdeşt Osman bleiben die Tatumstände weiter im Dunkeln – obschon die Verantwortlichen in politischen oder militärischen Führungspositionen vermutet werden. Osman galt als Kritiker der von der Barzanî-Partei PDK dominierten Regierung Südkurdistans und schrieb regelmäßig über die Korruption und autoritäre Strukturen, die in Hewlêr florieren. Zuletzt hatte er einen satirischen Artikel („Ich bin verliebt in Barzanis Tochter“) über die Vetternwirtschaft im Hause Barzanî verfasst, die damals immer sichtbarer wurde. Daraufhin erhielt er Morddrohungen, in denen er aufgefordert wurde, Berichte über Regierungspolitiker und Sicherheitsbeamte einzustellen. Anzeigen, die Osman daraufhin gegen Unbekannt erstattet hatte, wurden von den Behörden nicht ernstgenommen. Der Polizeipräsident von Hewlêr ließ sie sogar medial ausschlachten.

Serdeşt Osman (Privataufnahme)

Mamendewe: Selbst Serdeşts Schatten ein ewiger Verfolger

„Die dunkle Hand, die unseren Freund, Kollegen und Bruder ermorden ließ, nahm an, mit seinem Tod würde Serdeşts für immer aus unserer Erinnerung verschwinden”, sagte Hêmin Mamendewe. „Die Wahrheit ist jedoch, dass Serdeşt zum Samen der Freiheit wurde und im Garten aller blüht, die Freiheit fordern. Sie fürchten ihn noch heute, halten seinen Schatten für einen ewigen Verfolger. Weshalb sonst warfen sie Serdeşts Freunde und Kollegen ins Gefängnis? Sie haben Angst vor der Freiheit. Es ist eine bedauernswerte Mentalität.” Nach den Worten Mamendewes ließen die Anwesenden 14 Friedenstauben gen Himmel flattern – eine für jedes Jahr ohne Osman Serdeşt.

An einem Grabbesuch mit Trauerfeier in Hewlêr beteiligten sich auch Vertreter der Friedensinitiative Community Peacemaker Teams (c) RojNews

Barzanîs beschuldigen islamistische Miliz

Nach der Ermordung Serdeşt Osmans kam es in vielen Städten Südkurdistans zu Massendemonstrationen. Die Menschen protestieren gegen die Ignoranz der Sicherheits- und Justizbehörden dem Fall gegenüber und übten scharfe Kritik an einigen Staatsanwälten und Richtern, die Osman posthum verspotteten. Im September 2010 ließ die PDK-geführte Regierung verlauten, der Journalist sei von der radikal-islamistischen Miliz „Ansar al-Islam“ entführt und getötet worden. Beweise gab es nicht, die Dschihadisten dementierten. Die Familie des Journalisten und Menschenrechtsorganisationen sowie NGOs, die sich für Presse- und Informationsfreiheit einsetzen, wiesen die vorgebliche Täterschaft der Miliz ebenfalls als unglaubwürdig zurück.