Der 3. Mai ist der internationale Tag für Pressefreiheit. Zu diesem Anlass fanden bundesweit Protestaktionen statt, um auf die Inhaftierung der Journalist:innen Marlene Förster und Matej Kavčič durch das irakische Militär hinzuweisen und ihre Freilassung zu fordern. Die beiden wurden am 20. April im ezidischen Hauptsiedlungsgebiet Şengal (Sindschar) im Nordirak festgenommen und nach Bagdad verschleppt, wo sie seitdem im Gefängnis festgehalten werden. Zudem wurde gegen die Angriffe der irakischen Armee auf Şengal protestiert.
Besuch bei den Grünen in Hamburg
In Hamburg haben Aktivist:innen verschiedener zivilgesellschaftlichen Gruppen, darunter „Gemeinsam Kämpfen“ und die interventionistische Linke (iL) die Landeszentrale der Partei Die Grünen besucht. Die Aktivist:innen forderten die Grünen als Teil der Bundesregierung und des Außenministeriums auf, sich für die Freiheit der Journalist:innen Marlene Förster aus Deutschland und Matej Kavčič aus Slowenien einzusetzen, und übergaben ein Dossier mit weiteren Hintergrundinformationen.
Sie forderten zudem, dass die Grünen den Angriffskrieg auf die Region Şengal verurteilen. Selma Sommer erklärte hierzu: „Eine ,feministische Außenpolitik', wie Annalena Baerbock sie sich auf die Fahne schreibt, darf außerdem nicht schweigen, wenn die ezidische Bevölkerung in der Region Şengal angegriffen wird. 2014 beging der Islamische Staat genau hier schreckliche Verbrechen. Tausende Ezid:innen mussten fliehen und nach Angaben der UN wurden über 5000 Eziden ermordet und über 7000 ezidische Frauen und Kinder (meistens Mädchen) entführt“.
Marlene Förster und Matej Kavčič recherchierten seit Monaten über die gesellschaftliche Entwicklung der ezidischen Gemeinschaft nach dem Genozid von 2014. In der Pressemitteilung zu der Aktion in Hamburg wird Christian Mihr, Geschäftsführer der Menschenrechtsorganisation „Reporter ohne Grenzen“, zitiert: „Mit der Festnahme dieser beiden engagierten jungen Medienschaffenden zeigen die irakischen Behörden, dass weder über die Situation der jesidischen Minderheit im Sindschar noch über die Aktionen der türkischen Streitkräfte in dieser Region etwas nach außen dringen soll. Wir fordern Bundesaußenministerium Annalena Baerbock dazu auf, sich für Marlene Förster und Matej Kavčič einzusetzen.“
Aktion in Celle zum Tag der Pressefreiheit
In Celle hat die feministische Ortsgruppe „Gemeinsam Kämpfen – für Selbstbestimmung und demokratische Autonomie“ zum Tag der Pressefreiheit gegen die Inhaftierung der deutschen Journalistin Marlene Förster und ihres slowenischen Kollegen Matej Kavčič protestiert und die Bundesregierung zum Handeln aufgefordert. „Seit dem 20. April sind sie inhaftiert und werden aktuell vom irakischen Geheimdienst in Bagdad festgehalten. In den letzten Monaten recherchierten die beiden Journalist:innen über die Situation der Ezid:innen und die gesellschaftlichen Entwicklungen im Şengal.
Seit 2014 hält der Genozid an den Ezid:innen durch den sogenannten Islamischen Staat an. Gerade jetzt, mit der Entwicklung, dass das irakische Militär aktuell die Bevölkerung im Şengal angreift, ist Berichterstattung und Öffentlichkeit wichtiger denn je. Wie Marlene Förster Und Matej Kavčič wurden bereits im Januar 2022 drei ezidische Journalist:innen in Şengal durch das irakische Militär inhaftiert. Wir fordern Freiheit für alle inhaftierten Journalist:innen und das Recht auf freie Meinungsäußerung weltweit. Von der Bundesregierung erwarten wir sofortiges Handeln, was den Fall der Journalistin Marlene Förster und ihren Kollegen Matej Kavčič betrifft“, so die Celler Aktivist:innen.
In Jena ist heute dieses Foto entstanden. Die Beteiligten brachten ihre Solidarität mit Marlene Förster und Matej Kavčič sowie die Wut über die aktuellen Angriffe der irakischen Armee auf die Şengal-Region zum Ausdruck.
Auch in Leipzig haben sich Unterstützer:innen vor der Geschäftsstelle der Grünen getroffen und ein Dossier über Marlene Förster und die Lage in Şengal. „Im Gespräch mit dem Vertreter vor Ort wurde die Lage eindrücklich dargestellt. Uns wurde verbal mit Offenheit begegnet, aber auch auf fehlende Zuständigkeit für diese Angelegenheit verwiesen. Wir bleiben dran und werden gezielt weitere Parteivertreter:innen aufsuchen und ansprechen“, erklärte einer der Unterstützer gegenüber ANF.
Pressefreiheit ist unteilbar: Freiheit für die hessische Journalistin Marlene Förster
Anlässlich der Proteste zum Tag der Pressefreiheit für die im Irak inhaftierte hessische Journalistin Marlene Förster und ihren slowenischen Kollegen Matej K. erklärte Jan Schalauske, Vorsitzender und friedenspolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE. im Hessischen Landtag:
„Pressefreiheit ist unteilbar. Das betont auch die schwarzgrüne Landesregierung immer wieder. Zu der seit dem 20. April im Irak inhaftierten hessischen Journalistin Marlene Förster hat sie sich jedoch bislang nicht einmal geäußert. Die heutigen Proteste in Frankfurt und Marburg richten sich daher auch an die Landesregierung, sich endlich für ihre Freilassung einzusetzen.“
Marlene Förster und ihr slowenischer Kollege Matej K. seien „im Rahmen ihrer journalistischen Recherchen im Şengal, dem êzîdischen Gebiet des Iraks, festgenommen“ worden, so die hessische Linksfraktion: „2014 durchlitten die Êzîdinnen und Êzîden in der dortigen Region einen Völkermord durch den sogenannten Islamischen Staat. Die Türkei und der Irak greifen aktuell diese Gebiete an, um die Selbstorganisation der êzîdischen Gemeinschaft zu zerstören.“
Schalauske forderte: „Marlene und Matej schreiben gegen das Wegschauen der Welt gegenüber der Situation der êzidischen Gemeinschaft an. Ihre Inhaftierung ist der Versuch, diese Aufklärung zu unterbinden, um die Zerstörung der êzidischen Selbstorganisation ungestört durchzuführen. Dies wird nicht gelingen. Die Landesregierung muss endlich und öffentlich tätig werden!“
Jan Schalauske wird dazu in der kommenden Plenarwoche eine mündliche Frage an die Landesregierung richten. Ein offener Brief findet sich auf https://freemarleneandmatej.wordpress.com/
Unterdessen spitzt sich die Situation im Nordirak immer weiter zu. Nach der Festnahme der Journalist:innen hat das irakische Militär am 2. Mai 2022 begonnen, die Region Şengal mit schweren Waffen anzugreifen, es kommt zu Toten und Verletzten. Mehr als 3500 Menschen sind bereits auf der Flucht.