Seit fünf Monaten befinden sich 16 Mitarbeiter:innen kurdischer Medien ohne Anklage in Amed (tr. Diyarbakir) in Untersuchungshaft. Der Journalistenverein Dicle Firat (DFG) und die Mesopotamische Journalistinnenplattform (MKGP) haben aus diesem Anlass eine Erklärung vor dem Justizgebäude in Amed abgegeben. Die Erklärung wurde von zahlreichen Journalist:innen und Vertreter:innen zivilgesellschaftlicher Organisationen und der Parteien HDP und DBP unterstützt. Die Teilnehmenden trugen ein Transparent mit Fotos der 16 im Juni und der zehn Ende Oktober verhafteten Journalist:innen und der Aufschrift „Die freie Presse beugt sich nicht“. Die Festnahmeoperationen gegen kurdische Medien waren von den türkischen Behörden inszeniert und medial aufbereitet worden, insbesondere wurde versucht, die festgenommenen Journalist:innen mit gebeugtem Kopf zu präsentieren.
„Weil sie die Stimme der Ausgegrenzten waren“
In der auf Kurdisch von Kadri Esen (DFG) und auf Türkisch von Gülşen Koçuk (MKGP) vorgetragenen Erklärung wurde betont, dass die freien Medien sich nicht zum Schweigen bringen lassen: „Unsere Kolleginnen und Kollegen wurden verhaftet, weil sie ihre Kameras als Objektiv für die Wahrheit benutzten, weil sie die Unrechtmäßigkeit der Regierung aufdeckten, die der Gesellschaft den Atem rauben will, weil sie die Stimme der Unterdrückten gegen die Unterdrücker, der Jugend, der Frauen und kurz gesagt aller Ausgegrenzten waren. Diese Inhaftierung bedeutet Folter und Bestrafung und dauert seit fünf Monaten an.“
Unter Hinweis darauf, dass jede Partei, die an die Macht kommt, zuerst die Mitarbeiter:innen der freien Presse ins Visier nimmt, um zu verhindern, dass die Wahrheit die Gesellschaft erreicht, hieß es in der Erklärung weiter: „Vor jedem Angriff auf die Gesellschaft werden Mitarbeiter:innen der freien Presse verhaftet oder ermordet, ihre Arbeitsplätze werden bombardiert. Trotz dieser Angriffe sind sie nie zurückgewichen, es war immer die Regierung, die sich änderte und ging. Die AKP, die mit dem Versprechen von Demokratie, Menschenrechten und einer zivilen Verfassung an die Macht kam, zögerte nicht, die freie Presse mit Mitteln und Methoden anzugreifen, die bereits zuvor erprobt worden waren. Nach der Verhaftung von 16 unserer Kolleginnen und Kollegen am 16. Juni wurde am 25. Oktober eine neue Operation eingeleitet, bei der zehn weitere Kolleginnen und Kollegen verhaftet wurden. Das war nicht genug, wie in den 1990er Jahren, 2011 und 2016 wurden unsere Büros durchsucht und alle unsere Materialien beschlagnahmt.“
„Von Menschen geschaffen, die sich nicht beugen und nicht niederknien“
Bis heute sei keine Anklage erhoben worden, weil das einzige „Verbrechen" der Verhafteten ihre journalistische Tätigkeit sei. Bei den beschlagnahmten „Beweismitteln“ handele es sich vor allem um „Kameras, die ein Objektiv auf die Wahrheit halten“.
In der Erklärung wird festgehalten, dass die Arbeit der verhafteten Medienschaffenden fortgesetzt wird: „Die freie Presse hat sich gegen alle Festnahmen und Verhaftungen gewehrt, tut es immer noch und wird es auch weiterhin tun. Denn diese Tradition ist eine Tradition, die von den Menschen geschaffen wurde, die sich trotz aller Unterdrückung und Massaker nicht beugen und nicht niederknien. Die Justizbehörden dürfen dieser von der Politik der Regierung geprägten Situation nicht länger tatenlos zusehen, sondern müssen die körperliche Freiheit unserer Kolleginnen und Kollegen gewährleisten. Sie sollten aufhören, sich an dieser Schande zu beteiligen, die zu einer Bestrafung ohne Verurteilung geworden ist.“