5.000 Unterschriften für die Freiheit von Adil Demirci gesammelt

Der Solidaritätskreis „Freiheit für Adil Demirci“ wird heute Nachmittag – rechtzeitig zu Erdoğans Staatsbesuch – die 5.000 gesammelten Unterschriften für die Freiheit von Dermirci dem Auswärtigen Amt in Berlin übergeben.

Am Donnerstag, den 27. September um 16.00 Uhr, wird der Solidaritätskreis „Freiheit für Adil Demirci“ beim Auswärtigen Amt in Berlin die sowohl auf der Straße als auch online gesammelten knapp 5.000 Unterschriften übergeben, die Adil Demircis Freilassung fordern. Die seit Mai laufende Unterschriftenaktion richtet sich an Außenminister Heiko Maas. Bundesregierung und Auswärtiges Amt werden aufgefordert, Adil Demircis willkürliche Gefangenschaft zu verurteilen und umgehend seine Ausreise nach Deutschland zu erwirken.

Mit der Übergabe der Solidaritäts-Unterschriften verbinden die Initiatoren der Aktion – rechtzeitig zu Erdoğans Staatsbesuch – die Aufforderung an Außenminister und Bundesregierung, deutlich klar zu machen, dass die Haft von Adil Demirci und anderen deutschen Staatsbürgern nicht hingenommen wird und beendet werden muss. Demokratien zeichnen sich durch die Achtung der Menschenrechte aus. Der Solidaritätskreis „Freiheit für Adil Demirci“ erklärt in einer Pressemitteilung, die Gefangenschaft von Adil Demirci sei Unrecht: „Ein Justizapparat, der als verlängerter Arm Erdoğans handelt, ist zu verurteilen! Angesichts des Verhaltens der türkischen Seite kann die Bundesregierung nicht so tun, als könne man ‚normale Beziehungen' unterhalten!“

Den Solidaritätsabend für Adil Demirci vom letzten Freitag erklärt der Solidaritätskreis als vollen Erfolg: Der Solidaritätsabend mit den prominenten Gästen Mesale Tolu, Günter Wallraff, Dr. Lale Akgün, Dr. Sharo Garip, Frank Jasenski und Adils Bruder Tamer Demirci war ein großer Erfolg der Kampagne für den Sozialwissenschaftler, Sozialarbeiter und Publizisten Adil Demirci. Die Rufffactory in Köln-Ehrenfeld war mit über 200 Teilnehmern voll besetzt. Das Feedback war durchweg sehr positiv. Die undemokratischen Entwicklungen der Türkei unter Erdoğan ist für viele Menschen in Deutschland ein wichtiges Thema. Auch Medienvertreter, u.a. vom Politmagazin Monitor, waren vor Ort und das WDR-Magazin Westpol berichtete bereits. Der Solidaritätskreis, der aus Freunden und Familie von Adil besteht und keine professionelle Unterstützung hat, konnte Spenden für seine rein privat finanzierte Arbeit einnehmen und vor allem ein großes Zeichen setzen. 

Konstruierter Terrorvorwurf und Willkür

Die Anklageschrift gegen Adil Demirci ist fertig, so teilte es die türkische Justiz bereits vor Wochen Adil Demircis Anwälten mit. Sein Prozesstermin wird am 20. November stattfinden, zu diesem Termin werden in einer Art Sammelverfahren über 20 unterschiedliche Fälle behandelt.

Auf dem Solidaritätsabend am 21. September berichtete Rechtsanwalt Frank Jasenski, bei Adil Demirci liege die typische Vorgehensweise der türkischen Justiz vor, mit der versucht werde, einen Terrorismusvorwurf zu konstruieren. Zu erwarten ist seiner Einschätzung nach, dass am 20. November 2018 zunächst die Frage der Haft Thema sein wird und ob Adil bis zu einem späteren Prozesstermin in Untersuchungshaft bleibt, oder ähnlich wie bei Meşale Tolu zunächst aus der Haft entlassen wird, ohne die Türkei verlassen zu dürfen: „Ich rechne nach meinen bisherigen Erfahrungen damit, dass in diesem Termin keine Entscheidung über eine mögliche Freilassung fallen wird.“

Den Grund für Adils Haft in der Türkei sieht Jasenski darin, dass bei diesen schematisch konstruierten Terrorismusvorwürfen es nicht notwendig ist, eine Tat nachzuweisen: „Die türkische Justiz behandelt den Begriff des Terrorismus sehr uferlos. Man kann im Prinzip jede Tätigkeit, wenn sie in eine bestimmte Richtung einsortiert wird, von der Justiz als Terrorismus, als Unterstützung oder Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung definieren. Was auch zeigt, wie praktisch dieser Begriff eigentlich für die Verfolgung ist, man braucht den Leuten keine konkreten Straftaten mehr nachzuweisen, sondern nur eine Gesinnung.“

Meşale Tolu, die auch Gast der Solidaritätsveranstaltung für Adil Demirci war, kann diese Willkür der türkischen Justiz bestätigen. Ihre Anklageschrift sei das gleiche Dokument, das sie nach ihrem Verhör von der Anti-Terror-Einheit gezeigt bekam. In der Anklageschrift haben sogar noch die gleichen Formulierungen gestanden, Formulierungen wie: „in unserem Polizeipräsidium wurde festgestellt“, der Staatsanwalt habe das einfach unterschrieben. Wichtig sei nicht der Inhalt der Anklageschrift, sondern, dass ein Mensch seiner Freiheit beraubt wird, weil er sich kritisch geäußert hat. Da sieht sie die Gemeinsamkeit mit vielen Gefangenen: „Es gibt keinen Unterschied zwischen mir und Adil, es gibt keinen Unterschied zwischen Adil und Deniz Yücel und auch nicht zwischen Peter Steudtner und Adil. Es sind dieselben Fakten. Das sieht man in der Türkei: der Staat differenziert nicht mehr.“

Erdoğans kommender Besuch mit Einweihung der Moschee

Dr. Lale Akgün, ehemalige Bundestagsabgeordnete und Vertreterin des Internationalen Bundes, des Arbeitgebers Adil Demircis, zeigte sich bei der Veranstaltung überzeugt, dass Erdoğan den Besuch in Deutschland für sich instrumentalisieren werde: „Er wird sagen: ¸Schaut mich an, ich kann sagen, was ich will über Deutschland, ich kann Merkel beschimpfen und ich komme dahin und die rollen mir den roten Teppich aus. Ich bin der wichtigste Mann auf dieser Welt!' Und wir sorgen dafür, dass er diese Message geben kann", ärgert sich Lale Akgün. „Ich würde mich nicht wundern, wenn Erdoğan in dieser Moschee auch noch beten würde, weil einfach nochmal die Botschaft rausgehen wird: ¸Wo ich bin, ist der politische Islam da (...) und wenn ich will, kann ich mich mitten im Herzen von Europa als politisch-islamischer Führer auch aufstellen und hier beten und die können mir gar nichts.'“

Bisher keine Solidarität für Kölner Journalist von Oberbürgermeisterin Henriette Reker

Der Solidaritätskreis und die Gastredner zeigten sich enttäuscht, dass Oberbürgermeisterin Reker nicht bei der Veranstaltung vertreten war. Reker hatte im Vorfeld mitgeteilt, dass sie eine Teilnahme an der Solidaritätsveranstaltung ablehne, ebenso wie ein Treffen mit den Eltern Adils, die auch Kölner sind. Eine Begründung dafür gab sie nicht an. Dafür ist einer Meldung des KStA vom 20. September zu entnehmen, dass Reker bei der Einweihung der Moschee reden möchte. Ob sie sich dort für den Bürger ihrer Stadt Adil Demirci einsetzen wird, bleibt abzuwarten.