Samstagsmütter: Wo ist der Leichnam von Cüneyt Aydınlar?

Bei der heutigen Kundgebung der Initiative der Samstagsmütter in Istanbul ist das Schicksal von Cüneyt Aydınlar thematisiert worden. Der 23-jährige Student ist im Februar 1994 nach seiner Festnahme verschwunden.

Die Initiative der Samstagsmütter ist zum 779. Mal in Istanbul auf die Straße gegangen, um gegen die staatliche Praxis zu demonstrieren, Menschen in Gewahrsam zu ermorden und die Leichen verschwinden zu lassen. Seit mehr als anderthalb Jahren ist ihre Aktion auf dem angestammten Galatasaray-Platz in der Istanbuler Fußgängerzone Istiklal Caddesi verboten. Stattdessen kommt die Initiative jeden Samstag vor der Zweigstelle des Menschenrechtsvereins IHD in der kleinen Seitenstraße Çukur Çeşme zusammen, um nach dem Verbleib der Vermissten zu fragen.

Thema der heutigen Kundgebung war das Schicksal von Cüneyt Aydınlar. Die Erklärung wurde von Maside Ocak verlesen, deren Bruder Hasan Ocak 1995 in Polizeigewahrsam gefoltert und anschließend ermordet wurde.  

Cüneyt Aydınlar studierte im dritten Semester Wirtschaftswissenschaften an der Universität Istanbul und wurde am 22. Februar 1994 gemeinsam mit dreizehn weiteren Personen festgenommen. Erst fünf Tage später bestätigte die Polizei die Festnahmen. Am 28. Februar 1994 wurden die Festgenommenen an ein Staatssicherheitsgericht (DGM, mittlerweile abgeschafft) überstellt –  Cüneyt Aydınlar war nicht unter ihnen. Am 17. März 1994 führte die Gruppe erstmals eine Konsultation mit ihrem Rechtsbeistand. Im Rahmen dieses Gesprächs machte sie öffentlich, dass sich Aydınlar bis zum 2. März 1994 in Gewahrsam befunden hat und schwer gefoltert wurde. So massiv, dass er nicht mehr laufen konnte. Die Polizei behauptete hingegen, der Student sei am 28. Februar 1994 bei einer Ortsbegehung geflohen. Über seinen weiteren Verbleib ist noch immer nichts bekannt, seine Leiche ist nie aufgefunden worden.