Der seit 29 Jahren in der Türkei inhaftierte schwer kranke politische Gefangene Selman Esmer ist aufgrund einer Newroz-Karte mit kurdischen Glückwünschen, die an ihn gerichtet war, zu weiteren zehn Monaten Haft verurteilt worden.
Selman Esmer befindet sich als politischer Gefangener im Gefängnis von Afyonkarahisar. Seit 29 Jahren ist er dort inhaftiert. Aufgrund einer Postkarte zu Newroz erhielt er 13 Monate vor seiner geplanten Entlassung eine zusätzliche Haftstrafe von zehn Monaten, die nun rechtskräftig ist. Das Gericht begründete das Urteil mit dem kurdischen Glückwunsch „Newroz pîroz be!“, der auf der Karte zu finden war. Die Karte wurde als „Besitz von Bildern, Plakaten, Symbolen oder Material einer verbrecherischen Organisation“ betrachtet.
Gefängnisverwaltung selbst händigte Karte aus
Esmer legte Einspruch ein und verteidigte sich wie folgt: „Ich habe die betreffende Postkarte per Brief erhalten. Es handelt sich um einen Newroz-Gruß, der mir nach einer Inspektion von der Gefängnisverwaltung ausgehändigt wurde. Ich steckte sie in mein Album, aber sie wurde bei einer Durchsuchung beschlagnahmt. Daraufhin wurde ein Disziplinarverfahren gegen mich eingeleitet, und ich wurde zu Bunkerhaft verurteilt. Obwohl der Vollzugsrichter meinen Einspruch ablehnte, entschied das Oberste Gericht in meinem Sinne. Ich betrachte diese Situation als Repressalie der Gefängnisverwaltung, um sicherzustellen, dass mir eine schlechte Prognose ausgestellt wird. Die Postkarte wurde mir von der Gefängnisverwaltung selbst übergeben.“
Das Statement von Esmer wurde im September 2022 vom Verwaltungsgericht Konya als Versuch gewertet, „sich der Strafe zu entziehen“; die Verurteilung zu zehn Monaten Haft wurde bestätigt. Damit ist die weitere Haftstrafe rechtskräftig. Das Gericht ging in seiner Urteilsbegründung nicht auf die Tatsache ein, dass eine zuvor aus demselben Grund verhängte Bunkerstrafe vom Obersten Gericht aufgehoben wurde. Der Hinweis darauf wurde als Versuch betrachtet, der Strafe zu entgehen.
Immer neue Gründe werden fabriziert, um Entlassung zu verhindern
Gleichzeitig wird die medizinische Behandlung des schwer kranken Gefangenen verhindert. Sein Bruder Davut berichtet, dass sich der Gesundheitszustand von Esmer stetig verschlechtert und immer neue Vorwände vorgebracht werden, um seine Entlassung zu verhindern. Die Verurteilung seines Bruders aufgrund der Karte zu Newroz bezeichnet er als Versuch, eine bedingte Freilassung zu verhindern. „Mein Bruder ist seit 29 Jahren im Gefängnis“, so Davut. „Er hatte noch 13 Monate abzusitzen. Es wurden zehn weitere Monate zu seiner Strafe hinzugefügt. Neben meinem Bruder wurde auch Şevket Bilici, der seit 31 Jahren im Gefängnis ist, und Dijwar Ebdo Ismail, der seit 32 Jahren im Gefängnis ist, eine bedingte Entlassung verweigert.“
Notwendige Operation nur mit massiver Verspätung durchgeführt
Sein Bruder berichtet, dass sich der Gesundheitszustand von Selman Esmer im September vergangenen Jahres rapide verschlechterte. Schließlich wurde er ins Krankenhaus von Afyon eingeliefert: „Die Untersuchungen ergaben, dass seine Prostata vergrößert war, und es wurde ihm ein Katheter gelegt. Nach zehn Tagen wurde er erneut von der Gefängnisverwaltung in die urologische Abteilung gebracht, wo man ihm sagte, dass er ‚operiert werden müsse‘. Nach der Biopsie hieß es, es gebe keine Anzeichen für Krebs und das Prostata-Geschwür sei gutartig. Nach einem Monat Medikation wurde er am 31. Oktober erneut ins Krankenhaus gebracht. Dort wurde er eine Stunde lang beobachtet und konnte urinieren. Doch als er ins Gefängnis zurückgebracht wurde, verschlechterte sich sein Zustand. Er kam erneut ins Krankenhaus, wo eine schwere Infektion festgestellt wurde. Allerdings wurde er erneut nicht operiert.“ Am 6. März erfolgte schließlich der Eingriff. Er wurde operiert und nur einen Tag lang beobachtet. „Nachdem der Katheter entfernt wurde, hatte er Schmerzen und konnte nicht urinieren. Er spürte, dass seine Nieren geschwollen waren. In dieser Nacht musste er in die Notaufnahme gebracht werden, und der Katheter wurde erneut gelegt. Als er ins Krankenhaus gebracht wurde, erklärte der Arzt, der die Operation durchgeführt hatte, dass während des Eingriffs ein Gerät ausgefallen sei, weshalb nur sechzig Prozent der Prostata entfernt werden konnten, statt der geplanten 75 Prozent. Da er eine zweite Operation benötigte, wurde er am 13. April erneut operiert. Der nach der Operation eingesetzte Katheter wurde entfernt, und sein Zustand ist seit etwa zwei Wochen immer noch nicht stabil. Er steht unter Beobachtung“, berichtet Davut.
Davut Esmer appelliert an die Öffentlichkeit, sich für die Freiheit seines Bruders einzusetzen.
