Mehmet Sevinç unter Polizeiblockade beerdigt

Der vor wenigen Tagen an einer Hirnblutung gestorbene politische Gefangene Mehmet Sevinç ist in Kocaeli unter einer Polizeiblockade beigesetzt worden. Die letzte Ruhe am Wunschort der Familie durfte der Tote aber nicht finden.

Der politische Gefangene Mehmet Sevinç ist trotz Behinderungsversuchen durch die türkische Polizei mit der Parole „Die Gefallenen sind unsterblich“ (ku. Şehîd Namirin) zu Grabe getragen worden. An der Bestattung im westtürkischen Kocaeli nahmen neben den Angehörigen von Sevinç viele Menschen aus dem familiären Umfeld, Mitglieder der Kreis- und Provinzverbände der HDP sowie Aktive der Gefangenensolidarität teil.

Mehmet Sevinç war gebürtig aus Êlih (tr. Batman) in Nordkurdistan. Dort wurde der dreifache Vater 1992 verhaftet und in einem politischen Verfahren zu erschwerter lebenslanger Haft verurteilt. In knapp eineinhalb Jahren sollte er entlassen werden. Doch am vergangenen Sonntag wurde Sevinç aufgrund einer akuten Hirnblutung, die er sich aus bisher ungeklärter Ursache in seiner Einzelzelle im Gefängnis Manisa-Akhisar hinzugezogen haben soll, in ein Krankenhaus eingeliefert. Dort verstarb er gestern im Alter von 63 Jahren.

Noch im Laufe des Tages wurde der Leichnam von Mehmet Sevinç im Rechtsmedizinischen Institut Izmir obduziert, bevor die Überstellung nach Kocaeli stattfand. Doch sowohl die Überführung der sterblichen Überreste an den Wohnort der Familie als auch die Beigesetzung waren geprägt von antikurdischer Repression und Schikane. Zunächst weigerten sich die Behörden in Kocaeli, einen Bestattungskraftwagen bereitzustellen. Nachdem Angehörige aus eigenen Kräften eine Alternative organisiert hatten, wurde der Konvoi auf dem Weg zur Moschee Piri Reis im Kreis Darıca von der Polizei mehrmals gestoppt. Zur Begründung wurden „illegale Parolen“ herangezogen, die von Angehörigen des Toten skandiert worden sein sollen.

In der Piri-Reis-Moschee wurde dann die Aufbereitung des Leichnams von Mehmet Sevinç für die rituelle Zeremonie verweigert. Der Imam argumentierte mit einem angeblichen Verbot – von wem dieses ausgesprochen worden sein soll, dazu äußerte sich der Geistliche nicht. Daraufhin musste ein anderer Imam gefunden werden, in dessen Beisein die Totenwaschung und Einsalbung durchgeführt wurde, bevor der Verstorbene im letzten Schritt in Leinentücher gewickelt wurde. Nach dem Mittagsgebet wurde der Leichnam, auf die rechte Seite gebettet, in einem Sarg auf den Friedhof Nene Hatun gebracht. Es war der Wunschort der Familie von Sevinç für dessen Bestattung. Doch die letzte Ruhe finden durfte der Kurde dort nicht.

Trauer und Entsetzen nach der Abweisung durch den Imam der Piri-Reis-Moschee

Die Trauergemeinde würde den Bäumen auf dem Friedhof höchstwahrscheinlich „massive Schäden“ zufügen, ließ die Polizei zur Begründung verlauten. Dies gelte es „mit allen Mitteln“ zu verhindern. Einige Trauergäste erhielten Geldstrafen, weil sie vor der Moschee und damit im absoluten Halteverbot geparkt hätten. Der Leichnam Sevinçs musste in der Folge zu einer Ruhestätte in Balçık gebracht werden, die zuvor von Sicherheitskräften eingekesselt worden war. Die Polizei führte Ausweis- und Taschenkontrollen durch, Journalist:innen von Mezopotamya und JinNews wurde der Zugang zum Friedhof willkürlich verweigert. Trotzdem oder gerade deshalb hieß es in dem Moment, als Mehmet Sevinç in die Erde gelassen wurde: „Şehîd Namirin“ und „Bijî Berxwedana Zindanan“ – Es lebe der Widerstand in den Gefängnissen.